Erbrecht

Wirksamkeit einer Erbeneinsetzung

 

Folgenden Fall hatte der BGH zu entscheiden:

 

Die Beteiligten zu 1) und 2) streiten darüber, ob sie Miterben des Erblassers geworden sind.

 

Der Erblasser und seine Ehefrau errichteten im März 2011 ein eigenhändiges Testament, in dem sie sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzten. Als Nacherben bestimmten sie die Beteiligte zu 3) und "5 befreundete Familien" die in einer Anlage zum Testament genannt sind. In dieser maschinengeschriebenen Anlage sind die Namen und Adressen der Personen aufgeführt. Der Erblasser uns seine Ehefrau haben diese Anlage eigenhändig unterschrieben. Nach dem Tod der Ehefrau errichtete der Erblasser ein notarielles Testament, dass die Beteiligte zu 3) als Alleinerbin auswies.

 

Die Beteiligten zu 1) und 2) beantragten die Erteilung eines Erbscheins, der sie zu je 1/20 Miterben ausweist. Das Nachlassgericht hat der Erteilung des Erbscheins zugestimmt. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 3) hat das OLG den Erbscheinsantrag zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgen die Beteiligten ihr Anliegen weiter.

 

Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Zu Recht hat das OLG den Erbscheinsantrag zurückgewiesen. Die Erbeinsetzung im Testament vom März 2011 war unwirksam.

 

Nach § 2247 Abs. 1 BGB kann der Erblasser ein Testament durch eine eigenhändig geschriebene und unterschriebene Erklärung errichten. Gemäß § 2267 Satz 1 BGB genügt es zur Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments nach § 2247 BGB, wenn einer der Ehegatten das Testament in der dort vorgeschriebenen Form errichtet und der andere Ehegatte die gemeinschaftliche Erklärung eigenhändig mitunterzeichnet. Es ist auch möglich, dass der Erblasser in seinem Testament auf andere wirksame letztwillige Verfügungen zu verweisen (BGH, IV ZR 21/09).

 

Hinsichtlich der Bezugnahme auf andere Schriftstücke ist zu unterscheiden zwischen der (zulässigen) Bezugnahmen zur näheren Erläuterung einerseits und (unzulässigen) ergänzenden oder inhaltsbestimmenden Bezugnahmen andererseits.

 

In diesem Fall lag eine unzulässige ergänzende oder inhaltsbestimmende Bezugnahme vor. Das Testament war bezüglich der Einsetzung der Erben unklar. Aus dem Testament ergab sich nämlich nicht eindeutig, wer denn genau diese Personen sein sollen, die zu Erben eingesetzt wurden.   

 

Das allgemeinen erbrechtlichen Bestimmtheitsgebot besagt, dass der Erblasser seine Verfügungen so formulieren muss, dass Geltungsanordnung, Zuwendungsempfänger und Zuwendungsgegenstand mit praktisch hinreichender Sicherheit aus den getroffenen Verfügungen entnommen werden können; § 2065 Abs. 2 BGB stellt eine spezielle Ausprägung dieses Grundsatzes dar.

 

Die Bezugnahme in einem eigenhändigen Testament auf ein nicht der Testamentsform entsprechendes Schriftstück kann nicht dazu führen, dass die nicht formwirksame Anlage gleichsam zum Bestandteil der formgültigen letztwilligen Verfügung wird. Dies folgt unmittelbar aus der Formvorschrift des § 2247 BGB.

 

Mit der Formulierung im Testament vom März 2011, dass „5 befreundete Familien“ als Erben eingesetzt werden sollen, haben es die Eheleute versäumt, zumindest grundsätzlich ihren Willen zum Ausdruck zu bringen, wer genau als „befreundete Familie“ zum Erben eingesetzt wurde. Dieser Mangel kann dann auch nicht mit Bezug auf eine - hier leider auch formunwirksame - Anlage geheilt werden.

 

Damit war die Erbeinsetzung nach dem Tod des Erblassers auf Grund seines – nach dem Tod seiner Ehefrau – notariellen errichteten Testaments zu ermitteln. In diesem Testament hatte der Erblasser die Beteiligte zu 3) als Alleinerbin eingesetzt. Dieser ist der entsprechende Erbschein zu erteilen.


(Quelle: BGH, Beschluss vom 10.11.2021, Az.: IV ZB 30/20)


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Anspruch auf Wertermittlung nach Veräußerung des Gegenstandes


Folgenden Fall hatte der BGH zu entscheiden:

 

Die Klägerin ist Pflichtteilsberechtigte, der Beklagte zu ½ Miterbe. Die Klägerin begehrt vom Beklagten Auskunft über den Wert eines Grundstücks, dass die Erbengemeinschaft im Wege Erbnachfolge erwarb.

 

Die Erblasserin verstarb am 05.12.2014. Im Nachlass befand sich das oben genannte Grundstück. Die Erbengemeinschaft veräußerte das Grundstück am 14.11.2017 zu einem Preis von 65.000 EUR. In einem Gutachten vom 07.03.2016 wurde ein Wert von 245.000 EUR ermittelt. In einem vom Beklagten in Auftrag gegebenes Gutachten vom 24.07.2017 wurde ein Wert von

58.000 EUR ermittelt. Ein weiteres im Auftrag der Klägerin erstattetes Gutachten vom 24. Juli 2018 gab den Wert des Grundstücks mit 120.000 € bis 175.000 € an.

 

Die Klägerin ist der Ansicht, auch nach Veräußerung des Grundstücks einen Anspruch auf Wertermittlung gegen den Beklagten zu haben.

 

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat auf die Berufung des Beklagten das Urteil des Landgerichts aufgehoben und die Klage bis auf einen Teil abgewiesen.

 

Zur Begründung führte das OLG unter anderem aus, dass der Klägerin ein Auskunftsanspruch nicht zustehe, da es an einem schutzwürdigen Interesse fehle, weil Wert des Grundstücks durch den zeitnahen zum Erbfall erfolgten Verkauf hinreichend bestimmt sei.

 

Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Anliegen weiter.

 

Die Revision ist überwiegend begründet, urteilte nun der BGH. Zu Unrecht hat das OLG das Urteil des Landgerichts abgeändert.

 

Die Klägerin hat grundsätzlich einen Anspruch auf Wertermittlung gemäß § 2314 Abs. 1 Satz 2 BGB gegen den Beklagten, auch wenn das streitgegenständliche Grundstück bereits veräußert wurde. Sinn und Zweck der Wertermittlung des Grundstücks ist es, dem Pflichtteilsberechtigten die Beurteilung des Risikos eines Rechtsstreits über den Pflichtteil erleichtern (siehe Senatsurteil vom 19. April 1989 – IVa ZR 85/88).

 

So führt der BGH aus:

„Der Pflichtteilsberechtigte hat jedenfalls dann ein schutzwürdiges Interesse an einer derartigen Wertermittlung, wenn die vom Erben vorgelegten Unterlagen und Auskünfte nicht ausreichen, sich ein Bild über den Wert des Nachlassgegenstandes zu machen (Senatsurteil vom 30. Oktober 1974 - IV ZR 41/73)“

 

Eine weitere Begutachtung verstößt auch nicht gegen das Schikaneverbot aus § 226 BGB. Denn hier kommen die bereits eingeholten Gutachten zu Verkehrswerten zwischen 58.000 EUR und 245.000 EUR. Zwar wurde das Grundstück zu einem Wert von 65.000 EUR und damit ähnlich dem mit Gutachten vom 24.07.2017 ermittelten Verkehrswert veräußert, aber auch dieser Umstand steht einer erneuten Wertermittlung nicht entgegen.

 

Auch der Umstand, dass das Grundstück zeitnah nach dem Erbfall veräußert wurde, steht einer erneuten Begutachtung nicht entgegen.

 

Dies rechtfertigt sich daraus, dass dem Pflichtteilsberechtigten anderenfalls der Nachweis verwehrt bzw. zumindest erschwert würde, dass der Veräußerungserlös nicht dem tatsächlichen Verkehrswert entspricht. Gegen eine Versagung des Wertermittlungsanspruchs in Fällen der nachträglichen Veräußerung eines Nachlassgegenstandes spricht ferner, dass ausweislich der Regelung in § 2314 Abs. 2 BGB die Kosten für die Auskunftserteilung und Wertermittlung nach Absatz 1 dem Nachlass zur Last fallen, während der Pflichtteilsberechtigte, der im Rahmen von § 2311 Abs. 1 Satz 1 BGB einen anderen Verkehrswert als den tatsächlichen Veräußerungserlös behauptet, insoweit darlegungs- und beweispflichtig ist und damit auch die entsprechenden für die Wertermittlung erforderlichen Kosten zu tragen hat.

 

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Begutachtung des Grundstücks durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen. Die Qualifikation des Sachverständigen ist in § 2314 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 BGB nicht geregelt. Maßgebend ist alleine, dass der Wert des Nachlassgegenstandes durch einen unparteiischen Sachverständigen ermittelt wird, unabhängig davon, ob er öffentlich bestellt und vereidigt ist oder nicht (vgl. Senatsurteil vom 30. Oktober 1974 - IV ZR 41/73)

 

Des Weiteren hat die Klägerin keinen Anspruch auf Begutachtung des gesamten Grundstücks. Verklagt wurde hier ausschließlich der Miterbe mit einem Anteil von ½. Also kann der Auskunftsanspruch sich auch nur auf diesen Anteil am Grundstück beziehen.

Insoweit war die Revision zurückzuweisen.

 

(Quelle: BGH, Urteil vom 29.09.2021, Az.: IV ZR 328/20)


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Mietfreies Wohnen und Berechnung des Pflichtteils

 

Folgenden Fall hatte das LG Kaiserslautern zu entscheiden:

 

Der Kläger macht Pflichtteilsansprüche gegen die Beklagte geltend. Der Kläger ist der Sohn des Erblassers, die Beklagte dessen Ehefrau. Der Kläger hat zwei Brüder, die leibliche Abkömmlinge des Erblassers sind.

 

Der Kläger war Bäckermeister. Er eröffnete im Jahr 1989 eine Bäckerei. In den folgenden Jahren kam es zu wirtschaftlichen Schwierigkeiten. In diesem Zusammenhang hinterlegten der Erblasser und die Beklagte bei der Kreissparkasse einen Betrag in Höhe von (umgerechnet) 70.000 EUR als Sicherheit für bestehende und künftige Forderungen der Kreisparkasse.

 

In folge der wirtschaftlichen Schwierigkeiten musste der Kläger Privatinsolvenz anmelden. Die Sparkasse verwertete die bei ihr hinterlegte Sicherheit des Erblassers und der Beklagten in Höhe von 76.000 EUR.

 

In der Zeit von August 2010 bis Juli 2014 wohnte der Kläger mietfrei im Anwesen in E. Daneben half er dem Erblasser und der Beklagten bei der Erledigung von täglichen Aufgaben, wie z.B. bei Arztbesuchen, dem Einkauf oder der Pflege der Immobilie.

 

Im Jahr 2014 verfasste der Erblasser und die Beklagte ein Testament, in dem sie sich gegenseitig zu Erben einsetzten. Des Weiteren enthielt das Testament die Regelung, dass die 76.000 EUR, die im Rahmen der Verwertung der Sicherheit im Insolvenzverfahren des Klägers gezahlt wurden, vom Erbteil des Klägers abzuziehen sind. Weiterhin soll auch das mietfreie Wohnen bei der Berechnung des Pflichtteils zu beachten sein.

 

Die Beklagte erteilte die begehrte Auskunft über den Wert der Grundstücke in E. und M. Insgesamt belief sich der Wert auf 513.164 EUR.

 

Der Kläger fordert von der Beklagten einen Betrag von 52.658 EUR (= 1/12 des Nachlasses als Pflichtteil).

 

Die Beklagte wendete ein, dass die Zahlung des Betrages von 76.000 EUR eine Zuwendung darstellen und auch das Mietfreie Wohnen bei der Berechnung des Pflichtteils zu berücksichtigen ist.

 

Das LG verpflichtete die Beklagte, ein Verkehrswertgutachten zum Stichtag xy vorzulegen.

 

Das LG gab der Klage nur in Höhe von 39.983 EUR statt, im Übrigen wies es die Klage ab.

 

Grundsätzlich hat der Kläger einen Anspruch auf den Pflichtteil gemäß §§ 2303 Abs. 1, 2317 Abs. 1 BGB. Mit Versterben des Erblassers ist der Erbfall eingetreten. Der Kläger ist auch durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen worden. Der Erblasser und die Beklagte hatten sich mit Erbvertrag gegenseitig als Alleinerben eingesetzt.

 

Grundsätzlich besteht der Pflichtteil in der Hälfte des gesetzlichen Erbteils, § 2303 Abs. 1 S. 2 BGB.

 

Das LG musste nun den Wert des Nachlasses feststellen. Ausweislich des vorgelegten Verkehrswertgutachtens belief sich der Wert des Nachlasses auf 631.900 EUR.

 

Fraglich war, wie sich die Zuwendung in Höhe von 76.000 EUR auf die Höhe des Anspruchs des Klägers auswirkte. Gemäß

§ 2316 Abs. 1 BGB iVm. § 2050 Abs. 1 BGB ist der Pflichtteil unter Berücksichtigung der Ausgleichspflicht zu berechnen.

 

Bei der Hinterlegung der Sicherheit handelte es sich um eine ausgleichspflichtige Zuwendung in Form einer Ausstattung im Sinne des § 1624 Abs. 1 BGB. Als Ausstattung im Sinne von § 1624 Abs. 1 BGB sind Zuwendungen, die auf die Erlangung einer selbständigen Lebensstellung zur Begründung oder zur Erhaltung der Wirtschaft von den Eltern an die Kinder getätigt werden, zu verstehen. Dieser Zweck muss mit der Zuwendung erfüllt werden.

 

Die Stellung der Sicherheit erfüllte unstreitig diesen Zweck. Der Erblasser hatte bereits im Jahr 1995 geschrieben, dass „die Verpfändung der Besicherung von bestehenden oder zukünftigen Forderungen des Klägers und seiner Ehefrau dienen und bezweckte damit ausdrücklich im Sinne des § 1624 Abs. 1 BGB die „Begründung oder Erhaltung der Wirtschaft“ des Klägers. In diesem Schreiben führte der Erblasser weiter aus, dass "die Höhe der monatlichen Rückzahlungen dem Ermessen des Klägers anheimgestellt werden sollten, damit diesem „in den ersten Jahren etwas Freiraum“ ermöglicht werde“.

 

Allerdings ist hier nicht der gesamte Betrag anzurechnen, sondern nur die Hälfte. Grund dafür ist, dass die Zuwendung aus dem Gesamtgut der Gütergemeinschaft stammte. Damit ist die Zuwendung nur zum Teil vom Erblasser erfolgt, nämlich nur in Höhe von 50% (38.025 EUR).

 

Nicht anzurechnen ist der Vorteil des kostenlosen Wohnens. Der Grund dafür ist, dass es hier nicht um eine Vermögensverfügung des Erblassers handelte. Die leihweise Überlassung der Wohnung an den Kläger hat das Vermögen des Erblassers weder verringert noch sonst beeinträchtigt. Es steht dem Erblasser grundsätzlich frei, wie er zu Lebzeiten sein Vermögen verwaltet.

 

Das LG hat den Pflichtteil unter Berücksichtigung von § 2055 BGB wie folgt berechnet:

 

Der Wert des Nachlasses betrug 631.900 EUR. Da es sich dabei um den gesamten Nachlass gehandelt hat, ist der Erbteil der Beklagten in Höhe von 50% abzuziehen. 

 

Zum verbleibenden Wert (315.950 EUR) ist dann die berücksichtigungsfähige Zuwendung in Höhe von 38.025 EUR zu addieren. Damit liegt ein fiktiver Nachlass von 353.975 EUR vor. Der gesetzliche Erbteil des Klägers hiervor beträgt 1/3 = 117.991 EUR.

 

Von diesem betrag wird gemäß § 2055 Abs. 2 BGB der Wert der Zuwendung abgezogen. Damit ergibt sich ein Betrag von 117.991 EUR - 38.025 EUR = 79.966 EUR. Dieser Betrag ist dann wegen § 2303 BGB noch einmal zu halbieren. Damit beläuft sich die von der Beklagten zu zahlende Summe auf knapp 40.000 EUR.

 

(Quelle: Landgericht Kaiserslautern, Urteil vom 19.03.2021, Az.: 3 O 795/17)


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Erbvertrag und Ehescheidung

 

Folgenden Fall hatte das OLG Rostock zu entscheiden:

 

Der Beteiligte zu 1) ist der Sohn des Erblassers, die Beteiligte zu 2) die Ehefrau des Erblassers.

 

Im Mai 2000 errichteten der Erblasser und die Beteiligte zu 2), damals noch nicht verheiratet, einen Erbvertrag, im dem sich beide gegenseitig als Alleinerben und zum Erben des Letztversterbenden die Tochter der Beteiligten zu 2) und den Beteiligten zu 1) einsetzten.

 

Im Oktober 2001 wurde die Ehe zwischen dem Erblasser und der Beteiligten zu 2) geschlossen, im April 2006 wurde die Ehe rechtskräftig geschieden.

 

Im Juni 2017 verstarb der Erblasser.


Der Beteiligte zu 1) beantragte beim Nachlassgericht einen Erbschein, der ihn als Alleinerben des Erblassers ausweisen sollte. Er ist der Ansicht, dass der Erbvertrag aus dem Jahr 2000 mit der Ehescheidung unwirksam geworden sei. Des Weiteren finde

§ 2077 BGB auch bei einer späteren Heirat Anwendung.

 

Die Beteiligte zu 2) ist dem Antrag entgegengetreten und führte aus, dass der Erbvertrag in nichtehelicher Lebensgemeinschaft geschlossen und § 2297 BGB auf nichtehelichen Lebensgemeinschaften nicht anzuwenden wäre.

 

Das Amtsgericht wies den Erbscheinsantrag zurück. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1).

 

Die sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg, entschied nun das OLG.

 

Der Beteiligte zu 1) kann den beantragten Erbschein nur dann beanspruchen, wenn er Alleinerbe des Erblassers geworden ist. Entweder durch gesetzliche Erbfolge oder durch letztwillige Verfügung des Erblassers, die den Beteiligten zu 1) als dessen Alleinerben ausweist.

 

Unstreitig hat der Erblasser zusammen mit der Beteiligten zu 2) einen Erbvertrag errichtet. Der Beteiligte zu 1) ist jedoch der Ansicht, dass dieser Erbvertrag mit rechtskräftiger Ehescheidung gemäß §§ 2279, 2077 BGB unwirksam geworden ist. § 2279 BGB verweist hier im Bereich des Erbvertrages auf die Vorschriften über letztwillige Verfügungen. Somit ist zu prüfen, ob hier die Regelung des § 2077 BGB einschlägig ist. Gemäß § 2077 BGB ist eine letztwillige Verfügung, durch die ein Erblasser seine Ehefrau bedacht hat, unwirksam, wenn die Ehe vor dem Erbfall rechtskräftig geschieden wurde. Allerdings waren der Erblasser und die Beteiligte zu 2) bei Errichtung des Erbvertrages weder verheiratet noch verlobt. Auf die nichteheliche Lebensgemeinschaft ist § 2077 BGB weder direkt noch analog anwendbar. Als Grund dafür wird angeführt, dass die Ehe und das Verlöbnis auf eine dauerhafte Beziehung angelegt sind, die nichteheliche Lebensgemeinschaft dagegen keinen dergleichen Bindungswillen aufweist.

 

Wie so oft im Erbrecht, kommt es auch hier auf den tatsächlichen Willen des Erblassers bei Abschluss des Erbvertrages an,

§ 2084 BGB. Das bedeutet, dass das Gericht herausfinden muss, ob der Erblasser, hätte er die spätere Trennung in Betracht gezogen, in der gleichen Weise verfügt hätte.

 

Aus dem Erbvertrag ergibt sich ausdrücklich nichts. Also ist der hypothetische Wille zu ermitteln. Die Ehe wurde erst 17 Monate nach Errichtung des Erbvertrages geschlossen. Die Beteiligte zu 2) hatte auch vorgetragen, dass die Parteien zum Zeitpunkt der Errichtung des Erbvertrages nicht an die spätere Eheschließung gedacht hätten.  Vielmehr ergibt sich aus der Betrachtung des Ehescheidungsverfahren (einschließlich der Folgesachen Zugewinn und Sorgerecht), dass der Erblasser auch beim Inbetrachtziehen einer späteren Trennung die Beteiligte zu 2) als Erbin einsetzen wollte. Der Erblasser und die Beteiligte zu 2) haben nämlich ihr Vermögen im Zuge der Ehescheidung akribisch getrennt und weitere rechtliche Regelungen für die Ehescheidung getroffen. Dass der Erblasser nicht mehr in der Lage gewesen ist, auch den Erbvertrag zu ändern, kam aus der Akte nicht hervor.

 

(Quelle: OLG Rostock, Beschluss vom 13.07.2021 - 3 W 80/20)


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Irrtum bei lenkender Ausschlagung

 

Folgenden Fall hatte das OLG Frankfurt/Main zu entscheiden:

 

Die Beteiligte zu 1) ist die Ehefrau des Erblassers, die Beteiligten zu 3) und 4) seine Kinder sowie der Beteiligte zu 2) der Sohn der Beteiligten zu 4).

 

Nach dem Tod des Erblassers erklärten die Beteiligten zu 1) und 4) die Ausschlagung der Erbschaft. Ziel der Ausschlagung der Beteiligten zu 1) war es, dass die Beteiligte zu 3) Alleinerbin des Erblassers wird (lenkende Ausschlagung). Die Beteiligte zu 3) beantragte den Erbschein, der sie als Alleinerbin des Erblassers ausweisen sollte. Das Gericht gab zu Bedenken, dass der Beteiligte zu 2) in die Erbfolge einrücken würde. Daraufhin beantragte die Beteiligte zu 2) die Erteilung eines Erbscheins, der sie als Miterbin zu ½ ausweist. Daraufhin erklärte die Beteiligte zu 1) die Anfechtung der Ausschlagung erklärt und gleichzeitig die Einziehung des erteilten Erbscheins beantragt. Zur Begründung führte sie aus, dass der Nachlass überschuldet sei und lediglich die Beteiligte zu 3) zusammen mit ihrem Ehemann über die entsprechenden finanziellen Mittel verfügen würden, die Verbindlichkeiten abzutragen. Auch habe der Notar sie nicht darüber belehrt, dass der Beteiligte zu 2) nach Ausschlagung in die Erbfolge eintreten würde. Sie wollte, dass die Beteiligte zu 3) Alleinerbin wird.

 

Das Nachlassgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Zum einen sei die Beschwerde verfristet gewesen, zum anderen handele es sich bei dem Anfechtungsgrund der Beteiligten zu 1) um einen unbeachtlichen Motivirrtum.

 

Dagegen legt die Beteiligte zu 1) Beschwerde ein, die nun vom OLG Frankfurt zurückgewiesen wurde. Auch nach Ansicht des OLG Frankfurt/Main hatte die Beteiligte zu 1) hatte keinen Grund, die Ausschlagung anzufechten.

 

Ein Anfechtungsgrund kann vorliegen, wenn sich der Anfechtende über die Person, bei der die Erbschaft wegen der Ausschlagung anfällt, im Irrtum befindet. Es handelt sich dabei um einen beachtlichen Rechtsfolgenirrtum, der als Inhaltsirrtum grundsätzlich zur Anfechtung der Ausschlagungserklärung berechtigt. Im Fall der lenkenden Ausschlagung stellt der Irrtum über den nächstberufenen Erben einen beachtlichen Rechtsfolgenirrtum als Inhaltsirrtum dar. Mit Erklärung der Ausschlagung fällt der Ausschlagende als Erbe weg. Gleichzeitig fällt die Erbschaft wegen der Ausschlagung an den nächsten Erben. Dies ist die unmittelbare Folge der Ausschlagung. Nur für diese gilt der Rechtsfolgenirrtum.

 

Die Beteiligte zu 1) hat sich hier aber nicht über die Person geirrt, der die Erbschaft in Folge der Ausschlagung anfiel. Aus der Erklärung zur Ausschlagung wusste die Beteiligte zu 1), dass die Erbschaft an die Beteiligten zu 3) und 4) fällt. Die Beteiligte zu 1) hat sich darüber geirrt, dass der Erbteil nach der Ausschlagung des Beteiligten zu 4) nicht an die Beteiligte zu 3), sondern an seinen Abkömmling, den Beteiligten zu 2) anfällt. Das ist aber nur die mittelbare Folge ihrer Ausschlagung. Damit gereichte dieser Grund nicht für eine wirksame Ausschlagung.

 

(Quelle: OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 06.02.2021 - 21 W 167/20)


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Verjährung von Pflichtteilsansprüchen

 

Folgenden Fall hatte das OLG Zweibrücken zu entscheiden:

 

Der Kläger macht gegen den Beklagten Pflichtteilsergänzungsansprüche geltend. Die Erblasserin, die keine letztwillige Verfügung erstellt hatte, übertrug dem Beklagten im Jahr 2004 ihr Grundstück in A. An der Wohnung im 1. Obergeschoss bestand bereits seit dem Jahr 1985 ein unentgeltliches Wohnrecht für den Beklagten. Die Erblasserin behielt sich an dem übertragenen Grundstück ein unentgeltliches Wohnrecht sowie ein Rückübertragungsrecht dergestalt vor, dass die Erblasserin das Grundstück vom Beklagten zurückfordern konnte, wenn dieser das Grundstück veräußert wollte oder das Insolvenzverfahren über das Vermögend es Erblassers eröffnet worden wäre.

 

Der Kläger ist der Ansicht, dass ihm ein Anspruch auf Pflichtteilsergänzung zustehen würde, weil die Frist des § 2325 Abs. 3 S. 2 BGB erst mit dem Erbfall zu laufen beginne. Da sich die Erblasserin ein vertraglich vereinbartes Rückforderungsrecht hatte einräumen lassen, habe sie das Eigentum nur formal und nicht vollständig auf den Beklagten übertragen. Damit liege noch keine Leistung im Sinne des § 2325 Abs. 3 S. 2 BGB vor.

 

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die vom Kläger eingelegte Berufung wurde nunmehr durch das OLG zurückgewiesen.

 

Zu Recht hatte das LG die Klage abgewiesen, urteilte das OLG. Entgegen der Ansicht des Klägers war die Zehnjahresfrist gemäß § 2325 Abs. 3 Satz 2 BGB abgelaufen.

 

In der Übertragung des Grundstücks an den Beklagten liegt eine Leistung der Erblasserin vor, die die Zehnjahresfrist des § 2325 Abs. 3 S. 2 BGB zu laufen beginnen lässt. Eine Leistung iSd. § 2325 Abs. 3 S. 2 BGB liegt dann vor, wenn der Erblasser nicht nur seine Rechtsstellung als Eigentümer endgültig aufgibt, sondern auch darauf verzichtet, den verschenkten Gegenstand - sei es aufgrund vorbehaltener dinglicher Rechte oder durch Vereinbarung schuldrechtlicher Ansprüche - im Wesentlichen weiterhin zu nutzen (BGH, Urteil vom 27. April 1994 - IV ZR 132/93).

 

Die Frage hier ist, ob sich das von der Erblasserin vorbehaltene Wohnungsrecht oder das vertraglich eingeräumte Rück-forderungsrecht dem Begriff der „Leistung“ iSd. § 2325 Abs. 3 S. 2 BGB entgegensteht. Dabei müssen die konkreten Umstände des Einzelfalles beachtet werden. Hier hatte die Erblasserin sich nur ein Wohnungsrechts an den Räumen des Erdgeschosses und den gemeinschaftlichen Anlagen und Einrichtungen vorbehalten. An der Wohnung im 1. Obergeschoss hatte der Beklagte bereits ein Wohnungsrecht. Damit war die Erblasserin nicht mehr allein „Herrin im Haus“.

 

Auch das Rückforderungsrecht spricht nicht gegen die Annahme einer Leistung. Die Erblasserin hatte sich das Rück-forderungsrecht für den Fall der Veräußerung des Grundstücks durch den Beklagten oder der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Beklagten vorbehalten. Die Erblasserin hatte damit nur bei Eintritt von einer oder beiden genannten Bedingungen Zugriff auf das Grundstück. Des Weiteren lag der Eintritt der Bedingungen nicht im Einflussbereich der Erblasserin.

 

(Quelle: OLG Zweibrücken, Urteil vom 01.09.2020 - 5 U 50/19)


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Anfechtung der Erbausschlagung wegen Irrtums

 

Folgenden Fall (verkürzt) hatte das OLG Düsseldorf zu entscheiden:

 

Der Erblasser hinterließ 4 Kinder, wobei ein Kind 2 Kinder (Enkel des Erblassers E 1 und E 2) hatte.

 

Alle vier Kinder schlugen die Erbschaft aus unterschiedlichen Gründen aus. K 1 schlug die Erbschaft aus persönlichen Gründen aus. K 2 schlug die Erbschaft aus, weil er seit einigen Jahren keinen Kontakt zu seinem Vater hatte.

 

E 1 schlug die Erbschaft ohne Gründe aus.

K 4 und E 2 schlugen die Erbschaft mit der Begründung aus, dass sie vermuten, dass das Erbe überschuldet sei. K 3 schlug die Erbschaft ohne Angabe von Gründen aus.

 

Das Nachlassgericht ordnete Nachlasspflegschaft an. Die Nachlasspflegerin verkaufte das Grundstück und teilte dem Nachlassgericht mit, dass sich auf dem Anderkonto Aktivnachlass in Höhe von 32.083,73 € und Bargeld in Höhe von 72,31 € befinde. Da die Kinder und Enkel das Erbe entweder ohne Grund oder mit der Vermutung der Überschuldung ausgeschlagen haben, bat die Nachlasspflegerin um Prüfung, ob diese die Ausschlagung der Erbschaft anfechten wollen.

 

Die Nachlasspflegerin unterrichtete mit Schreiben vom 15.03.2019 und 10.04.2019 die Kinder und Enkel über die Höhe des Nachlasses. Daraufhin fochten K 4, K 3 und E 1 die Ausschlagung der Erbschaft an.

 

E 1 gab als Grund für die Anfechtung an, dass er irrtümlich davon ausgegangen war, dass der Nachlass überschuldet gewesen sei.

 

Zur Begründung der Anfechtung gab K 4 an, dass sie bei Kenntnis der Werthaltigkeit des Nachlasses die Erbschaft angenommen hätte.

 

K 3 gab als Grund der Anfechtung an, dass er sich über die Beschaffenheit des Nachlasses geirrt habe.

 

Gleichzeitig stellte K 3 einen Erbscheinantrag der ihn und E 1 als Erben zu je ½ Anteil ausweist.

 

Mit notariell beglaubigter Erklärung vom 01.09.2019 erklärte K 1 die Anfechtung der Ausschlagung. Als Grund gab sie an, dass sie irrtümlicherweise von falschen Vorstellungen über das Vorhandensein von Nachlassverbindlichkeiten ausgegangen sei.

 

Das Nachlassgericht wies die Anfechtung von K 1 zurück, weil die Anfechtungsfrist von 6 Wochen ab Kenntnis des Anfechtungs-grundes nicht gewahrt wurde. Gegen die Entscheidung legte K 1 Beschwerde ein mit der Begründung, dass sie das Schreiben der Nachlasspflegerin vom 10.04.2019 nicht erhalten habe, da eine falsche Adresse verwendet wurde. Zwar hatte sie einen Nachsendeauftrag gestellt, der Brief wurde aber nicht zugestellt.

 

Das OLG musste nun über die Beschwerde von K 1 sowie den Erbscheinantrag von K 3 und E 1 entscheiden. Der Erbschein ist zu erteilen, wenn K 3 und E 1 die Ausschlagung wirksam angefochten und die anderen Kinder und Enkel die Ausschlagung nicht wirksam angefochten haben.

 

K 2 und E 2 scheiden als Erben aus, da sie die Ausschlagung nicht angefochten hatten.

 

Die Anfechtung der Ausschlagung von K 3 und E 1 ist nicht begründet. Das OLG Düsseldorf hat in ständiger Rechtsprechung die folgenden Grundsätze für die Anfechtung der Ausschlagung einer Erbschaft wegen Irrtums über die verkehrswesentliche Eigenschaft entwickelt:

„Stützt sich die Anfechtung - wie hier - auf einen Irrtum über verkehrswesentliche Eigenschaften einer Sache gemäß § 119 Abs. 2 BGB, ist als "Sache" im Sinne dieser Vorschrift die Erbschaft anzusehen, d.h. der dem Erben angefallene Nachlass oder Nachlassteil. Insoweit ist nahezu einhellig anerkannt, dass die Überschuldung der Erbschaft eine verkehrswesentliche Eigenschaft darstellt, die zur Anfechtung berechtigen kann, indes nur, wenn der Irrtum bezüglich der Überschuldung auf falschen Vorstellungen hinsichtlich der Zusammensetzung des Nachlasses, also bezüglich des Bestandes an Aktiva oder Passiva, beruht.“ Und weiter: „… hieraus folge zugleich, dass nicht zur Anfechtung berechtigt ist, wer ohne nähere Kenntnis der Zusammensetzung des Nachlasses einer Fehlvorstellung über dessen Größe unterlag; mit anderen Worten sich derjenige nicht auf einen Anfechtungsgrund berufen kann, der nicht aufgrund einer Bewertung ihm bekannter oder zugänglicher Fakten zu dem Ergebnis gelangt war, die Erbschaft wolle er annehmen oder ausschlagen, sondern seine Entscheidung auf spekulativer - bewusst ungesicherter - Grundlage getroffen hatte.

 

Wer bewusst bestimmte Umstände als lediglich möglich betrachtet und dieses Vorstellungsbild handlungsleitend sein lässt, der verhält sich aufgrund Hoffnungen oder Befürchtungen, die das Motiv seines Handelns bilden. Ein bloßer Irrtum im Motiv berechtigt jedoch weder im allgemeinen, noch speziell im Zusammenhang der Annahme oder Ausschlagung einer Erbschaft zur Anfechtung. Dies findet allgemein seine Rechtfertigung im Gesichtspunkt der Rechtssicherheit; im besagten erbrechtlichen Zusammenhang ist zudem der Gefahr zu begegnen, durch eine zu großzügige Berücksichtigung reiner Motivirrtümer faktisch eine im Gesetz nicht vorgesehene weitere Form der Haftungsbeschränkung eines Erben zu schaffen, nämlich eine sozusagen einstweilige Ausschlagung bis zur abschließenden Klärung der Vermögensverhältnisse.“

 

An diesen Grundsätzen hält der Senat fest. K 2 und E 2 hatten bei der Ausschlagung keine Gründe angegeben. Damit handelten sie in einem unbeachtlichen Motivirrtum, weil sie ohne Kenntnis der Zusammensetzung des Nachlasses und ohne Bewertung bekannter oder zugänglicher Informationen die Ausschlagung erklärten.

 

Auch die Anfechtung von K4 ist nicht begründet. Die Ausschlagung auf Grund einer bloßen Vermutung stellt einen bloßen unbeachtlichen Motivirrtum dar, der - wie bei K 2 und E 2 – nicht zur wirksamen Anfechtung gereicht.

 

Die Anfechtung von K 1 ist ebenfalls unwirksam. Der von ihr genannte Irrtum über die Werthaltigkeit des Nachlasses stellt ebenfalls einen unbeachtlichen Motivirrtum dar. K 1 hatte vom K4 im Rahmen eines Telefonates erfahren, dass der Nachlass überschuldet sei. K 4 hatte selber keine Kenntnis über den Umfang und die Werthaltigkeit des Nachlasses, da sie die Ausschlagung lediglich auf Grund einer Vermutung erklärt hatte. In der Ausschlagungserklärung von K 1 gab sie an „Der Nachlass ist der Erschienenen nicht bekannt.“

 

Damit liefen alle Anfechtungen in Leere.

 

(Quelle: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.12.2020 - 3 Wx 13/20)


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Bindung an gesetzl. Erbfolge als Schlusserbeneinsetzung


Folgenden Fall (verkürzt) hatte das OLG Düsseldorf zu entscheiden:

 

Der Erblasser und seine erste Ehefrau errichteten ein gemeinschaftliches Testament und setzten sich darin als gegenseitige Erben eingesetzt. Weiterhin hatten sie verfügt: „Nach unserer beider Tod soll die gesetzliche Erbfolge in Kraft treten."

Nach dem Tod der ersten Ehefrau heiratete der Erblasser die Beteiligte zu 1. Der Erblasser errichtete ein notarielles Testament, in dem er verfügte, dass zu seinen Erben die Beteiligte zu 1 zu ½ Anteil und die Beteiligten zu 2 bis 6 zu je 1/10 Anteil einsetzte. Die Beteiligte zu 1 beantragte nach diesem Testament einen entsprechenden Erbschein. Die Beteiligte zu 4 (Kind der erstverstor-benen Ehefrau) ist dem Antrag entgegen getreten mit der Begründung, der Mutter sei es auf die Einhaltung der gesetzlichen Erbfolge angekommen, so dass die Regelung im zweiten Testament unwirksam sei.

 

Das Nachlassgericht hat den Erbscheinsantrag stattgegeben mit der Begründung, dass das Testament von 1998 eine wechselseitige Verfügung (Wir setzen und gegenseitig als Alleinerben ein) enthalte, so dass das notarielle Testament von 2004 nicht wirksam errichtet werden konnte. Dagegen legten die Beteiligten zu 4 und 5 Beschwerde ein.

 

Das OLG Düsseldorf musste nun entscheiden, ob es sich bei der Regelung des gemeinschaftlichen Testaments, "Nach unserer beider Tod soll die gesetzliche Erbfolge in Kraft treten." um bindende wechselbezügliche Verfügung im Sinne von § 2271 Abs. 2 Satz 1 BGB handelte. Wäre das der Fall, würde das notarielle Testament von 2004 keine Wirkung auf die Schlusserbenein-setzung entfalten.

 

Nach Ansicht des OLG handelte es sich nicht um eine wechselbezügliche Verfügung.

 

„Wechselbezüglich sind (nur) solche Verfügungen, die ein Ehegatte nicht ohne die Verfügung des anderen getroffen hätte, bei denen also aus dem Zusammenhang des Motivs heraus eine innere Abhängigkeit zwischen den einzelnen Verfügungen derart besteht, dass die Verfügung des einen Ehegatten gerade deshalb getroffen wurde, weil auch der andere Partner eine bestimmte andere Verfügung getroffen hat, wenn also nach dem Willen der gemeinschaftlich Testierenden die eine Verfügung mit der anderen stehen und fallen soll. Das muss für jede einzelne Verfügung gesondert geprüft werden (Palandt/Weidlich, § 2270 BGB, Rdnr. 1 m.N.).“

 

Beim Berliner Testament ist Wechselbezüglichkeit denkbar im Verhältnis der Verfügungen betreffend die gegenseitige Erbeinsetzung, im Verhältnis der Schlusserbeneinsetzung des Überlebenden zur eigenen Erbeinsetzung durch den Erstversterbenden und im Verhältnis der Schlusserbeneinsetzung des Überlebenden zur Schlusserbeneinsetzung des Erstversterbenden.

 

Letztere ist regelmäßig nicht wechselbezüglich, denn grundsätzlich widerspricht es der Lebenserfahrung, dass Eltern ihre Kinder nur mit Rücksicht auf die Verfügung des anderen einsetzen (Palandt/Weidlich, § 2270, Rdnr. 5).

 

Auch die hier in Rede stehende Einsetzung der "gesetzlichen Erben" als Schlusserben durch den überlebenden Erblasser ist im Verhältnis zu dessen Einsetzung als Alleinerbe der vorverstorbenen Ehefrau nicht wechselbezüglich. Denn es spricht nichts dafür, dass der Erblasser die aus der Ehe mit der vorverstorbenen ersten Ehefrau hervorgegangenen Kinder (nur) deshalb als Erben eingesetzt hat, weil er von seiner damaligen Ehefrau als Alleinerbe eingesetzt worden ist.

 

Damit war das notarielle Testament von 2014 bindend. Auf Grund der darin enthaltenen Regelung wurde der beantragte Erbschein der Beteiligten zu 1) auch erteilt.

 

(Quelle: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.01.2021 - Az.: 3 Wx 245/19)


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Zwangsräumung gegen Erben?

 

Folgenden Fall (verkürzt) hatte der BGH zu entscheiden:

 

Die Gläubiger betreiben die Räumungsvollstreckung gegen den Schuldner zu 1) und die Schuldnerin zu 2). Der Schuldner zu 1) ist während des Vollstreckungsverfahrens verstorben. Die Gerichtsvollzieherin hat die weitere Vollstreckjung abgelehnt. Dagegen haben die Gläubiger Erinnerung eingelegt.

 

Fraglich war hier, ob die Gläubiger wegen des Todes des Schuldners zu 1) eine Rechtsnachfolgeklausel gemäß §§ 750 Abs. 2, 727 ZPO erwirken mussten. Diese ist dann notwendig, wenn die Erben des Schuldners tatsächlichen Besitz an den Mieträumen haben. Wenn allein die Schuldnerin zu 2) tatsächlichen Besitz an der Wohnung hat, genügt es, wenn die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung in Bezug auf sie vorliegen.

 

Gemäß § 750 Abs. 1 ZPO darf die Zwangsvollstreckung nur beginnen, wenn die Person, für und gegen die sie stattfinden soll, in dem Urteil oder in der ihm beigefügten Vollstreckungsklausel namentlich bezeichnet sind und das Urteil bereits zugestellt ist oder gleichzeitig zugestellt wird. Bei der Räumungsvollstreckung gemäß § 885 Abs. 1 ZPO ist derjenige, der den tatsächlichen Besitz an den Räumen innehat, die Person, gegen die die Zwangsvollstreckung stattfinden soll.

 

Hat der Schuldner eine unbewegliche Sache herauszugeben (wie hier Mieträume), so hat der Gerichtsvollzieher den Schuldner aus dem (unmittelbaren) Besitz zu setzen und den Gläubiger in den Besitz einzuweisen (§ 885 Abs. 1 ZPO). Der unmittelbare Besitz gemäß § 854 Abs. 1 BGB setzt die tatsächliche Sachherrschaft über sie voraus. Entscheidend für die Zwangsvollstreckung g ist also die von einem entsprechenden Willen getragene tatsächliche Sachherrschaft, die für den Gerichtsvollzieher äußerlich erkennbar sein muss. Der Gerichtsvollzieher prüft also, ob sich die Zwangsvollstreckung gegen die Personen richtet, die die tatsächliche Sachherrschaft innehaben.

 

Die Gerichtsvollzieherin musste also auch prüfen, ob die Erben des Schuldners zu 1) die tatsächliche Sachherrschaft über die Mieträume erlangt hatten. Zwar geht gemäß § 857 BGB der Besitz auf die Erben über. Allerdings handelt es sich hierbei um den fiktiven Erbenbesitz, der, mangels tatsächlicher Beziehung zu einer Sache, keinen Gewahrsam im Sinne einer tatsächlichen, nach außen erkennbaren Sachherrschaft begründet.

 

Der BGH konnte in dieser Sache nicht selbst entscheiden und hat die Sache deshalb an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.


(Quelle: BGH, Beschluss vom 30.04.2020 - Az.: I ZB 61/19)


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Berücksichtigung von Grabpflegekosten beim Pflichtteil

 

Folgenden Fall (verkürzt) hatte der BGH zu entscheiden:

 

Die Erblasserin war ledig und hatte keine Kinder. Den Kläger hatte sie als ehelichen Abkömmling durch Adoption angenommen.

 

Die Erblasserin errichtete ein Testament, in dem sie mehrere Personen mit Geldzuwendungen bedachte. Einen Teil des Nachlasses sollte für eine 20-jährige Grabpflege ausgegeben werden. Zur Testamentsvollstreckerin wurde die Beklagte bestellt. Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zahlung eines Betrages von 3.209,04 €. Er ist der Ansicht, dass die Grabpflegekosten bei der Berechnung des Pflichtteils nicht zu berücksichtigen sind. Die Beklagte ist andere Ansicht und zahlte an den Kläger vorgerichtlich einen Betrag in Höhe von 809,44 EUR. Das Amtsgericht wies die Klage ab, die Berufung wurde zurückgewiesen. Zur Begründung führte das Berufungsgericht aus, dass die Grabpflegekosten bei der Berechnung des Pflichtteils zu berücksichtigen sind, weil die Erblasserin ausdrücklich im Testament einen Betrag für die Grabpflege vorgesehen hatte.

 

Der BGH ist anderer Ansicht.

 

Der Kläger hat einen Anspruch auf den von ihm geltend gemachten betrag. Durch das Testament wurde der Kläger mit einer Erbquote von 9,09 % bedacht. Gemäß § 2305 Abs. 1 BGB kann ein Pflichtteilsberechtigter, dem ein Erbteil hinterlassen, der geringer ist als die Hälfte des gesetzlichen Erbteils, von den Miterben als Pflichtteil den Wert des an der Hälfte fehlenden Teils verlangen. Hätte die Erblasserin kein Testament errichtet, hätte der Kläger den ganzen Nachlass als Erbe erhalten. Sein Pflichtteil als einziger Abkömmling beträgt die Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils (§ 1924 Abs. 1, § 2303 Abs. 1 BGB), hier also 50%. Damit kann der Kläger gegen die Miterben noch einen Anteil von 40,91 % (50% - 9,09%) verlangen.

 

Bei der Berechnung des Zusatzpflichtteils sind die Kosten für die Grabpflege aber nicht zu berücksichtigen. Zwar trägt der Erbe die Kosten der Beerdigung. Kosten für die Instandhaltung und Pflege der Grabstätte sind darin nicht mehr enthalten, da sie allenfalls einer sittlichen Pflicht des Erben entspringen. Auch die Anordnung im Testament, einen Teil des Nachlasses für die Grabpflege einzusetzen, begründet für den Kläger keine Nachlassverbindlichkeit. Anders wäre es, wenn die Erblasserin bereits zu Lebzeiten einen Vertrag über die Grabpflege geschlossen hätte und die Erben dann im Wege der Erbnachfolge in den Vertrag eingetreten wären. Zwar stellt die Auflage gemäß §1967 Abs. 2 BGB eine Erbfallschuld dar, die aber gemäß § 1991 Abs. 4 BGB nicht zur Anrechnung auf den Pflichtteil gereicht. Danach sind Verbindlichkeiten aus Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen durch den Erben so zu berichtigen, wie sie im Falle des Insolvenzverfahrens zur Berichtigung kommen würden. Nach

§ 327 Abs. 1 InsO werden Verbindlichkeiten gegenüber Pflichtteilsberechtigten vor Verbindlichkeiten aus den vom Erblasser angeordneten Vermächtnissen und Auflagen erfüllt.


(Quelle: Urteil des BGH vom 26.05.2021, Az.: IV ZR 174/20)


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Verjährung von Ansprüchen aus Vermächtnis

 

Folgenden Fall (verkürzt) hatte das OLG München zu entscheiden:

 

Die Antragsteller begehren die Eintragung einer Auflassungsvormerkung zur Sicherung eines behaupteten Anspruchs auf Übertragung von zwei Eigentumswohnungen aus einem Vermächtnis. Die Antragsteller sind die Enkelkinder der Erblasser. In einem Testament aus dem Jahr 1998 ordneten die Erblasser an, dass die Enkelkinder A, B und C in Erbengemeinschaft die Eigentumswohnungen 1 und 2 erhalten sollen. Die Erblasser verstarben 2006 und 2009 und wurden von mehreren Miterben beerbt. Im Oktober 2020 nahmen die Antragsteller die Antragsgegner (Miterben) auf Eintragung der Vormerkung in Anspruch.

 

Das Landgericht wies den Antrag zurück. Zur Begründung führte das Landgericht aus, dass der Anspruch aus dem Vermächtnis verjährt sei. Der geltend gemachte Anspruch – zumindest gegen die Antragsgegnerin zu 1) – ist nach § 196 BGB verjährt. Gemäß § 2040 BGB sind Verfügungen über den Nachlass oder an Teilen von ihm nur alle Erben gemeinschaftlich möglich. Da hier zumindest einem Erben gegenüber de Anspruch verjährt sei, können die verbleibenden Erben nicht mehr gemeinschaftlich über Teile des Nachlasses (also die Eigentumswohnungen) verfügen.

 

Gegen den Beschluss haben die Antragsteller Beschwerde zum OLG München erhoben. Sie sind der Ansicht, dass es hier auf die kenntnisunabhängige Verjährung nach § 199 Abs. 3a BGB von 30 Jahren ankommt und diese noch nicht abgelaufen sei.


Das OLG wies die Beschwerde zurück. Zu Recht hatte das LG den Antrag zurückgewiesen. Der Anspruch auf Übertragung der Eigentumswohnungen aus dem Vermächtnis ist gemäß § 196 BGB verjährt.

 

Diese Vorschrift regelt Folgendes:

Ansprüche auf Übertragung des Eigentums an einem Grundstück sowie auf Begründung, Übertragung oder Aufhebung eines Rechts an einem Grundstück oder auf Änderung des Inhalts eines solchen Rechts sowie die Ansprüche auf die Gegenleistung verjähren in zehn Jahren.

 

Die Verjährung ist bei Miterben – wie in diesem Fall – für jeden Miterben gesondert zu prüfen.

 

Die Zuwendung der Eigentumswohnungen im Testament ist ein Vermächtnis. Zwar haben die Erblasser im Testament geregelt, dass die Kläger die Eigentumswohnungen „als Erbengemeinschaft“ erhalten sollten. Die Auslegung des Testaments ergibt aber, dass die Erblasser den Antragstellern nur einen einzelnen Gegenstand zuwenden wollten. Das kann nur im Wege der Anordnung eines Testaments erfolgen. Daneben haben sie ihre Kinder zu Erben eingesetzt. Auch dies spricht klar für die Anordnung eines Testaments.

 

Der Anspruch aus dem Vermächtnis entsteht mit dem Anfall des Vermächtnisses. Mangels besonderer Anordnung im Testament fällt hier das Vermächtnis mit dem Erbfall an.

 

Die Verjährung des Anspruchs aus § 196 BGB beginnt nach § 200 BGB mit der Entstehung des Anspruchs. Die Erblasserin ist 2009 verstorben, so dass der Anspruch zum Zeitpunkt des Todes entstanden ist. Die Verjährung des Anspruchs beginnt gemäß §§ 187, 188 BGB begann am 01.01.2010 zu laufen und endete am 31.12.2019. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung im Jahr 2020 konnte die Verjährung nicht mehr hemmen (§ § 204 Abs. 1 Nr. 9 BGB), da die Verjährungsfrist bereits abgelaufen war.

 

(Quelle: Beschluss des OLG München vom 18.02.2021, Az.: 33 W 92/21)


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Erbrecht des Ehegatten bei Nichtbetreiben des Scheidungsverfahrens

 

Das OLG Hamm hatte folgenden Fall zu entscheiden:

 

Der Erblasser heiratete die Beteiligte zu 2) im Jahr 1995. Seit Mai 2001 lebten die Eheleute voneinander getrennt, in dem die Beteiligte zu 2) aus dem gemeinsam erworbenen Haus auszog. Im Jahr 2002 erwarb der Erblasser den 1/2 Miteigentumsanteil am Haus von der Beteiligten zu 2).

 

Im Jahr 2008 beantragte der Erblasser die Ehescheidung. Die ausgefüllten Fragebögen zur Klärung des Versorgungsausgleichs wurden von den Eheleuten bei Gericht eingereicht. Ein bereits anberaumter Verhandlungstermin wurde aufgehoben, weil die Beteiligte zu 2) ohne die endgültige Klärung von Unterhalts- und Zugewinnansprüchen nicht geschieden werden wollte. Ende 2009 kamen die Eheleute überein, dass das Scheidungsverfahren nicht weiter betrieben werden solle, da es wegen der Neuregelung des Versorgungsausgleichs zu erheblichen finanziellen Nachteilen kommen würde. Im Folgenden erklärte sich der Erblasser bereit, Unterhalt für die Beteiligte zu 2) zu zahlen.

 

Anfang Mai 2019 verstarb der Erblasser. Der Beteiligte zu 1), der Bruder des Erblassers, beantragte beim Nachlassgericht die Erteilung eines Erbscheins, der ihn als Alleinerben des Erblassers ausweist. Zur Begründung führte er an, dass die Beteiligte zu 2) wegen des beantragten Ehescheidungsverfahrens gemäß § 1933 BGB von der Erbfolge ausgeschlossen sei.

 

Dem trat die Beteiligte zu 2) mit dem Argument entgegen, dass das Ehescheidungsverfahren nicht mehr betrieben worden sei.

 

Das Nachlassgericht wies den Antrag zurück. Zur Begründung führte es an, dass die Voraussetzungen der Ehescheidung zum Zeitpunkt des Erbfalls vorgelegen hätten, allerdings kam das Gericht zu dem Schluss, dass der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes die Ehescheidung nicht mehr gewollte habe. Dafür spreche auch das lange Nichtbetreiben des Verfahrens.


Gegen den Beschluss legte der Beteiligte zu 1) Beschwerde ein, die nun vom OLG Hamm zurückgewiesen wurde.

 

Zu Recht hatte das Nachlassgericht die Erteilung des Erbscheins abgelehnt.

 

Gemäß § 1933 S. 1 BGB ist das gesetzliche Ehegattenerbrecht ausgeschlossen, wenn zur Zeit des Todes des Erblassers die Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe gegeben waren und der Erblasser die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hatte.

 

Der Erblasser hatte im Jahr 2008 die Ehescheidung beantragt. Der Antrag wurde der Beteiligten zu 2) auch zugestellt, damit war das Verfahren rechtshängig. Weder wurde der Antrag in der Folgezeit vom Erblasser zurückgenommen, noch wurde das Verfahren nach § 136 FamFG ausgesetzt. Das Verfahren wurde einfach nicht mehr betrieben und daher in der Folgezeit von Gericht weggelegt. Damit ist die Rechtshängigkeit aber nicht entfallen.

 

In der Rechtsprechung und der Literatur ist anerkannt, dass das Nicht-Bertreiben eines anhängig gemachten Ehescheidungsverfahrens über einen längeren Zeitraum als Rücknahme des Scheidungsantrags zu behandeln ist mit der Folge, dass die Voraussetzungen für einen Ausschluss des Ehegattenerbrechts nicht mehr vorliegen.

 

Was aber ist unter einem „längeren Zeitraum“ zu verstehen?

 

Bei der Bestimmung dieser Voraussetzung kommt es auf die Umstände des Einzelfalles an.

 

Ein Nicht-Betreiben von mehr als 20 Jahren erfüllt diese Voraussetzung. Ein Zeitraum von etwas mehr als 6 Jahren oder von 15 Jahren ist demgegenüber (unter Beachtung des konkreten Einzelfalles) noch nicht als ausreichend angesehen worden.

 

In diesem Fall lag zwischen der Beantragung der Ehescheidung und dem Tod des Erblassers ein Zeitraum von 10 Jahren. Das Nachlassgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Erblasser den Scheidungswillen endgültig aufgeben hatte.

 

Dafür spricht Folgendes:

Die Eheleute hatten sich über die vermögensrechtlichen Folgen der Scheidung geeinigt, in dem der Erblasser den ½ Miteigentumsanteil am Haus von der Beteiligten zu 2) erwarb. Weiterhin einigten sich die Parteien auch auf den vom Erblasser zu zahlendem Unterhalt an die Beteiligte zu 2). Der Erblasser zahlte bis zu seinem Tod an die Beteiligte zu 2) einen Unterhalt und übernahm auch die Kosten der Krankenkasse. Schlussendlich waren sich die Eheleute auch einig, dass das Ehescheidungsverfahren nicht weiter betrieben werden sollte, weil es im Rahmen des durchzuführenden Versorgungsausgleichs zu erheblichen finanziellen Nachteilen bei beiden Eheleute gekommen wäre.

 

Nach Abwägung alles Umstände wollte der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes die Scheidung nicht mehr.

 

(Quelle: OLG Hamm, Beschluss vom 22.01.2021, Az.: 10 W 33/20)


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Rücktritt vom Erbvertrag bei Geschäftsunfähigkeit

 

Folgenden Fall hatte der BGH zu entscheiden:

 

Die Betroffene und der Beteiligte zu 3) schlossen im Jahr 2006 einen notariellen Erbvertrag, in dem sie sich gegenseitig bedachten. Ebenfalls wurde ein entsprechendes Rücktrittsrecht in den Vertrag aufgenommen. Im Jahre 2015 erteilte die Betroffene ihren beiden Kindern eine umfassende Vorsorgevollmacht. Im Jahr 2020 erklärte der Beteiligte zu 3) den Rücktritt vom Erbvertrag. Da der Beteiligte zu 3) an der Geschäftsfähigkeit der Betroffenen zweifelte, beantragte er beim Amtsgericht die Bestellung eines Betreuers zur Entgegennahme der Rücktrittserklärung. Das Amtsgericht lehnte die Einrichtung der Betreuung mit Hinblick auf die vorhandene Vorsorgevollmacht ab, das Landgericht wies die Beschwerde des Beteiligten zu 3) zurück.

 

Zu Recht, entschied nun der BGH.

 

Das Amtsgericht musste die Betreuung nicht einrichten, da die Betroffene ihren beiden Kindern im Jahr 2015 eine umfassende Vorsorgevollmacht einräumte.

 

Nach § 2296 Abs. 2 S. 1 BGB erfolgt der Rücktritt vom Erbvertrag, den sich die Parteien im Erbvertrag ja vorbehalten hatten, durch Erklärung gegenüber dem anderen Vertragsschließenden (hier der Betroffenen). Zur Wirksamkeit des Rücktritts bedarf es des Zugangs der Willenserklärung beim anderen Vertragsteil, § 130 Abs. 1 BGB.

 

Zunächst musste der BGH aber die Frage klären, ob die Geschäftsunfähigkeit der Betroffenen das vertraglich vereinbarte Rücktrittsrecht entfallen lässt. Diese Frage ist umstritten, wird aber von der Mehrheit dahingehend beantwortet, dass das Rücktrittsrecht nicht entfällt.

 

Damit stellte sich die nächste Frage für den BGH:

Kann die Rücktrittserklärung auch einem vom Geschäftsunfähigen wirksam Bevollmächtigten zugehen, um Wirksamkeit zu entfalten?

 

Diese - umstrittenen - Frage war bis jetzt höchstrichterlich noch nicht entschieden.

 

Die weit überwiegende Ansicht ist der Auffassung, dass der Rücktritt vom Erbvertrag gemäß § 2296 Abs. 2 Satz 1 BGB bei Geschäftsunfähigkeit des anderen Vertragschließenden jedenfalls grundsätzlich wirksam gegenüber dessen Vorsorgebevoll-mächtigte erfolgen kann. Zwar kann gemäß § 2296 Abs. 1 BGB der Rücktritt vom Erbvertrag nicht durch einen Vertreter erfolgen. An einen Vertreter ist dies sehr wohl möglich. Dies folgt auch aus § 164 Abs. 3 BGB, wonach eine gegenüber einer anderen abzugebende Willenserklärung, die dessen Vertreter gegenüber erfolgt, unmittelbar für und gegen den Vertretenen wirkt.

 

Der Beteiligte zu 3) konnte daher hier den Rücktritt wirksam gegenüber dem Beteiligten zu 1) als Vorsorgeberechtigten erklären.


(Quelle: Beschluss des BGH vom 27.01.2021, Az.: XII ZB 450/20 )


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Anfechtung der Annahme der Erbschaft


Folgenden Fall (verkürzt) hatte das OLG Bremen zu entscheiden:

 

Die Erblasserin ist die Mutter des Klägers und der Beklagten. In einem Testament hatte die Erblasserin die Parteien zu gleichen Teilen als Erben eingesetzt. Im Wege des Vorausvermächtnisses hatte die Erblasserin dem Kläger das Grundstück X in Bremen einschließlich aller darauf ruhender Belastungen vermacht. Gleichzeitig legte die Erblasserin fest, dass diese Vermächtnis-anordnung vor dem Hintergrund erfolgte, dass die Beklagte das Grundstück Y in Bremen zu Lebzeiten lastenfrei erhalten hat. Die Beklagte war bei der Erstellung des Testaments nicht anwesend.

 

Das Grundstück Y erwarb die Beklagte zu einem Preis von 160.000 EUR. Zur Sicherung des Darlehens wurde auf dem Grundstück X eine Buchgrundschuld eingetragen.

 

Nach dem Tod der Erblasserin übertrug die Beklagte das Grundstück X an den Kläger. Dieser löste die Grundschuld (die als Sicherung des Darlehens für den Kauf des Grundstücks X durch die Beklagte diente) ab und forderte von der Beklagten die Hälfte des abgelösten Darlehensbetrages. Die Beklagte ging aber davon aus, dass die Kosten für die Ablösung des Darlehens nur vom Kläger zu zahlen sind.

 

In der Beweisaufnahme sagte der Notar, der das Testament erstellt hatte sowie ein weiterer Zeuge aus, dass es der Wille der Erblasserin war, dass der Kläger und die Beklagte jeweils die Hälfte des streitgegenständlichen Darlehens tragen sollen.

 

Nach der Beweisaufnahme vor dem Landgericht hat die Beklagte die Anfechtung der Erbschaft nach der Erblasserin erklärt. Zur Begründung führte sie an, dass sie im Hinblick auf den Verlauf des Rechtsstreits davon ausgehen müsse, dass der Nachlass überschuldet sei, da nun auch sie zur Rückzahlung des Darlehens verpflichtet wäre, was sie bei Annahme der Erbschaft nicht gewusst habe.

 

Der Kläger wendet die Verfristung der Anfechtung ein.

 

Das Landgericht gab der Klage statt, der Berufung der Beklagten wurde vom OLG stattgegeben.

 

Zur Begründung führte das OLG an, dass die Anfechtung der Erbschaft nicht verfristet war. Gemäß §§ 1942 Abs. 1, 1943 und 1944 Abs. 1 BGB geht die Erbschaft auf den Erben über, es sei, dieser schlägt die Annahme der Erbschaft aus. Die Frist für die Ausschlagung beträgt 6 Wochen und beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Erbe vom Anfall der Erbschaft Kenntnis erlangt hat. Die Frage war hier, ab wann die Frist zur Ausschlagung zu laufen begann und ob die Beklagte überhaupt einen Grund zur Anfechtung hatte. Grundsätzlich kann die Annahme der Erbschaft nach § 199 Abs 2 BGB angefochten werden, wenn der Erbe sich über eine verkehrswesentliche Eigenschaft des Nachlasses geirrt hat.

Die Beklagte hatte sich über eine verkehrswesentliche Eigenschaft, nämlich die Überschuldung des Nachlasses, geirrt (§ 119 Abs. 2 BGB). Zwar war der Beklagten die Überschuldung der Erbschaft bekannt, sie war aber der irrigen Ansicht, dass nur der Kläger das Darlehen zurückzuzahlen hatte. Das Landgericht kam aber nach der Beweisaufnahme zur – richtigen – Ansicht, dass auch die Beklagte anteilig zur Rückzahlung des Darlehens verpflichtet war. Zu den wertbildenden Faktoren zählt nämlich auch die Frage, mit welchen Nachlassverbindlichkeiten dieser belastet ist. Und genau darüber war die Beklagte im Irrtum, der zur Anfechtung berechtigte.

 

Die Ausschlagung der Erbschaft erfolgte auch fristgemäß.


Die Beklagte hatte erst nach der Beweisaufnahme beim LG die sichere Kenntnis davon, dass das Erbe überschuldet war, weil das LG zum Ergebnis kam, dass die Erblasserin wollte, dass beide Kinder jeweils die Hälfte des Darlehens zahlen sollten. Da die Beklagte aber beim Notartermin nicht anwesend war, kannte sie den Willen der Erblasserin nicht. Erst ab Mitteilung des Ergebnisses der Beweisaufnahme des LG fing daher die 6wöchige Frist der Ausschlagung der Erbschaft an zu laufen. Der Anspruch des Klägers war mit der Ausschlagung der Erbschaft untergegangen.


(Quelle: Urteil des OLG Bremen vom 19.11.2020, Az: 5 U 22/20)


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Vorlage Erbschein trotz Vorliegen eines notariellen Testaments


Folgenden Fall (vereinfacht)  hatte das Oberlandesgericht Frankfurt/Main zu entscheiden:


Der Erblasser wurde nach seinem Tod auf Grund notariellen Testaments von seiner Ehefrau, seinen beiden Kindern C und D sowie den beiden Enkeln E und F beerbt. Dabei wurde die Ehefrau als nichtbefreite Vorerbin und die anderen Personen als Nacherben eingesetzt. Tochter C schlug die Nacherbschaft aus und verlangte statt dessen den Pflichtteil.


Die Ehefrau beantragte beim zuständigen Grundbuchamt die Umschreibung des Grundbuchs. Das Grundbuchamt verlangte wegen der Ausschlagung der Nacherbschaft durch die Tochter als Nachweis der Erbfolge einen Erbschein. Hiergegen erhob die Ehefrau Beschwerde. Zur Begründung führte sie aus, dass das Grundbuchamt selber prüfen müsse, ob die Ausschlagung form- und fristgemäß erfolgt sei.


Die Rechtspflegerin hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.


Das OLG hat die Beschwerde abgewiesen.


Zur Begründung führte es aus, dass das Grundbuchamt die Änderung der Eigentumsverhältnisse an einem Grundstück auch auf Grund eines notariellen Testaments vornehmen darf. Handelt es sich um eine Vor- und Nacherbschaft, sind bei der Berichtigung des Grundbuchs auch die Nacherben im Grundbuch aufzuführen, § 51 GBO. Hier ergeben sich die Namen der Nacherben aber wegen der Ausschlagung der Nacherbschaft durch die Tochter C nicht mehr aus dem Testament. Ob die Ausschlagung der Tochter form- und fristgemäß erfolgt ist, muss das Grundbuchamt nicht prüfen. Zwar hatte die Tochter die 6 Wochenfrist zur Ausschlagung eingehalten, fraglich war aber hier, ob die Tochter das Erbe nicht schon vorher angenommen hatte und damit die Erbschaft gar nicht mehr ausschlagen konnte.


(Quelle: Beschluss des Oberlandesgericht Frankfurt/Main vom 08.01.2018, Az.: 20 W 215/17)


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Unklare Erbeinsetzung


Folgenden Fall (vereinfacht)  hatte das OLG Köln zu entscheiden:


Die Erblasserin verstarb zwischen dem xxxx und dem xxx.

Sie hatte mit dem bereits vorverstorbenen Ehemann ein Testament verfasst, in dem sich die Eheleute gegenseitig als Alleinerben einsetzten. Zum Erben des zuletzt verstorbenen Ehegatten wurde derjenige bestimmt, der den zuletzt verstorbenen Ehegatten begleitet und gepflegt hat. Die Eheleute hatten selbst keine Kinder. Die Erblasserin hatte einen Bruder, ebenso wie der vorverstorbene Ehemann.

Der Beteiligte zu 1), Bruder der Erblasserin, beantragte einen Erbschein, der ihn als Alleinerben ausweist. Das Nachlassgericht stellte den beantragten Erbschein aus. Dagegen legte der Bruder des vorverstorbenen Ehemannes Beschwerde ein mit der Begründung, zum einen sei die Erbeinsetzung nicht klar und zum anderen habe er die Erblasserin gepflegt. Das Nachlassgericht zog den Erbschein ein. Die dagegen gerichtete Beschwerde wies das OLG nun zurück.


Zu Recht.


Das Testament der Eheleute enthielt keine wirksame Erbeinsetzung. Also musste die Erklärung der Eheleute ausgelegt werden. Zwar muss der Erbe vom Erblasser nicht persönlich benannt sein, es muss sich aber aus dem Testament und - hilfsweise zusätzlich - den außerhalb der Urkunde bestehenden Umstände sicher ermitteln lassen, wer Erbe sein soll.


Die Auslegung des letzten Willens der Eheleute musste scheitern. Es war nämlich nicht zu klären, welchen Inhalt und Umfang die Pflege des zuletzt lebenden Ehegatten haben sollte. War die Pflege im Sinne des Sozialgesetzbuches gemeint oder anhand der Pflegestufe? Was bedeutet Begleitung? War die Sterbebegleitung gemeint? Wenn ja, kann der Beteiligte zu 1) diese nicht erfüllt haben, denn der Todeszeitpunkt der Erblasserin konnte nicht genau festgestellt werden.


(Quelle: Beschluss des OLG Köln vom 14.11.2016, Az: 2 Wx 536/16)


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Anfechtung Erbausschlagung


Folgenden Fall (vereinfacht) hatte das OLG Düsseldorf zu entscheiden:


Die Erblasserin und ihr Vater waren bei dem Flugzeugabsturz der Gemanwings in Frankreich ums Leben gekommen. Die Beteiligten (die Schwester des Vaters und deren Sohn) schlugen das Erbe aus. Kurz danach bereuten sie die Entscheidung und erklärten die Anfechtung der Ausschlagung. Zur Begründung führten sie an, dass sie sich über eine verkehrswesentliche Eigenschaft des Nachlasses geirrt haben. Fälschlicherweise haben sie geglaubt, dass lediglich die Angehörigen der Absturzopfer einen Anspruch auf Schmerzensgeld gegen die Fluglinie haben würden, die Erblasserin dagegen nicht.


Mit notariell beurkundeter Erklärung beantragten die Beteiligten einen Erbschein, die sie anteilig als Erben ausweist. Das Nachlassgericht hat den Antrag abgewiesen. Zur Begründung führte es aus, dass es keinen Anfechtungsgrund gebe. Die Beteiligten haben sich nicht über eine verkehrswesentliche Eigenschaft des Nachlasses geirrt. Unstreitig war der Nachlass werthaltig, also nicht überschuldet. Erst als die Beteiligten erfahren haben, dass der Nachlass durch Schadensersatzansprüche höher ausfallen könnte, haben die Beteiligten die Ausschlagung angefochten. Gegen die Entscheidung des Nachlassgerichts haben die Beteiligten Beschwerde eingelegt. Zur Begründung führten sie an, dass die Ausschlagung der Erbschaft auch aus dem Grunde erfolgte, um Erbauseinandersetzungen und damit familiäre Konflikte zu vermeiden.


Das OLG hielt die Anfechtung für wirksam.


Die Beteiligten haben sich über eine verkehrswesentliche Eigenschaft des Nachlasses geirrt, nämlich über die Zugehörigkeit der Schmerzensgeldansprüche der Erblasserin zum Nachlass. Zu den Eigenschaften einer Erbschaft gehört auch die Zusammensetzung des Nachlasses. Verkehrswesentlich sind z.B. wertbildende Faktoren wie Forderungen, die im Verhältnis zur gesamten Erbschaft eine erhebliche und für den Wert des Nachlasses wesentliche Bedeutung haben. Der Forderung gegen die Fluglinie in Höhe von 25.000 EUR stand der Nachlass mit einem Wert von 35.000 EUR gegenüber. In diesem Fall hatte mithin der Schmerzensgeldanspruch einen erheblichen Wert im Verhältnis zum Nachlass und damit auch eine wesentliche Bedeutung.   Damit war den Beteiligten der beantragte Erbschein zu erteilen.


(Quelle: Beschluss OLG Düsseldorf vom 16.11.2016, Az: I-3 Wx 12/16)


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Erbschein trotz Testament?


Der BGH hatte folgenden Fall (vereinfacht) zu entscheiden:


Die Kläger begehren von der Beklagten Bank Ersatz für die Kosten der Erteilung eines Erbscheins.

Die Erblasserin, die Mutter der beiden Kläger, unterhielt bei der Beklagten mehrere Konten. In einem Testament, das die Erblasserin mit dem vorverstorbenen Ehemann errichtete, setzten die Eheleute sich als gegenseitig zu Alleinerben ein, Schlusserben des längstlebenden Ehegatten sollten die Kläger sein. Des Weiteren enthielt das Testament eine Pflichtteilsstrafklausel. Das Testament wurde nach dem Tod des Ehemannes vom Nachlassgericht eröffnet und von den Klägern an die Beklagte übersandt. Einwendungen gegen die Wirksamkeit des Testaments wurden von der Beklagten nicht erhoben. Nach dem Tod der Erblasserin wurde das Testament erneut eröffnet. Die Kläger legten der Beklagten eine beglaubigte Abschrift des Testaments vor und begehrten die Auszahlung der sich auf den Konten befindlichen Guthaben. Die Beklagte lehnte dies mit der Begründung ab, dass das Testament eine Einsetzung als Vermächtnisnehmer enthalte und forderte von den Klägern einen Erbschein. Dieser wurde den Klägern auch erteilt. Die Kosten dafür beliefen sich auf 1.770 EUR. Diesen Betrag forderten die Kläger von der Beklagten.


Amts- und Landgericht gaben der Klage statt.


Nunmehr wies der BGH die Revision der Beklagten zurück.


Die Beklagte hatte keinen Anspruch darauf, dass die Kläger erst einen Erbschein beantragen mussten, um damit die Auszahlung des Guthabens auf den Konten zu erwirken. Entscheidend war die Beantwortung der Frage, ob die beglaubigte Abschrift eines handschriftlichen Testaments nebst einer beglaubigten Abschrift des Eröffnungsprotokolls die Erbfolge mit der im Rechtsverkehr erforderlichen Eindeutigkeit nachweist. Die Bank kann nur dann auf der Einholung eines Erbscheins bestehen, wenn sie begründeten Zweifel an der Richtigkeit der vorgelegten Dokumente hat. Diese Zweifel hat die Bank hier nicht vorgetragen. Das Argument der Bank, im Testament sei lediglich eine Einsetzung als Vermächtnisnehmer enthalten, greife nicht. Nach Auslegung des Testaments sind die Kläger als Schlusserben eingesetzt worden. Das Wort "Vermächtnis" taucht in dem Testament an keiner Stelle auf. Des Weiteren wurde der Beklagten das Testament bereits nach dem Tod des Ehemannes übersandt. Einwendungen gegen die Wirksamkeit wurden von der Beklagten damals nicht erhoben.


Somit war die Beklagte verpflichtet, den Klägern die Kosten für das Erbscheinverfahren zu ersetzen.


(Quelle: Urteil des BGH vom 05.04.2016, Az: XI ZR 440/15)


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Einsicht des Pflichtteilsberechtigten in Verfahrensakten einschließlich Wertfragebogen


Folgenden Fall (vereinfacht) hatte das OLG Hamm zu entscheiden:


Der Beschwerdeführer ist der Sohn des Erblassers und wurde durch Testament des Erblassers von der Erbfolge ausgeschlossen. Er beantragte beim Nachlassgericht Akteneinsicht in die Verfahrensakten, um einen Überblick über den Umfang des Nachlasses zu gewinnen. Das Nachlassgericht übersandte die Verfahrensakte ohne den Wertermittlungsbogen, den der Erbe ausgefüllt hatte. Der Beschwerdeführer beantragte daraufhin ausdrücklich die Übersendung des Wertermittlungsbogens. Dies wurde vom Nachlassgericht abgelehnt. Dagegen richtet sich die Beschwerde des Beschwerdeführers.


Zu Recht, beschloss das OLG.


Der Anspruch auf Übersendung auch des Wertfragebogens ergibt sich aus § 13 Abs. 1 FamFG. Der Beschwerdeführer ist Beteiligter im Eröffnungsverfahren, da ihm durch Testament ein Recht eingeräumt oder entzogen wird. Dem Beschwerdeführer wurde durch Testament ein Recht, nämlich das gesetzliche Erbrecht, entzogen. Der Beschwerdeführer als Pflichtteilsberechtigter ist daran interessiert, einen genauen Überblick über den Umfang des Nachlasses zu erhalten, damit er seinen Anspruch gegen die Erben auch richtig beziffern kann. Zwar kann sich der Pflichtteilsberechtigte auch aus anderen Quellen die Informationen beschaffen, dies schließt aber sein berechtigtes Interesse an der Akteneinsicht nicht aus.


(Quelle: Beschluss des OLG Hamm vom 26.08.2016, Az: 15 W 73/16)


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Sittenwidrigkeit Erbverzicht


Folgenden Fall hatte das OLG Hamm zu entscheiden:


Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines Erb- und Pflichtteilsverzichts.


Der Kläger ist der Sohn des Beklagten aus der ersten Ehe mit der Mutter des Klägers. Der Beklagte ist Zahnarzt. Er betreibt eine eigene Praxis und ist außerdem an einer GmbH beteiligt. Der Kläger besucht die 11. Klasse des Gymnasiums. Der Beklagte erwarb von einem Bekannten einen Sportwagen. Der Kläger war von dem Pkw angetan, da er auch zeitweise damit fahren durfte. Kurz nach dem 18. Geburtstag des Klägers fuhr der Beklagte mit ihm zu einem Notar. Dort ließ der Beklagte einen vorbereiteten "Erb-, Pflichtteils und Pflichtteilsergänzungsanspruchsverzicht“ beurkunden. In der Urkunde verzichtete der Kläger auf sein gesetzliches Erb- und Pflichtteilsrecht einschließlich des Pflichtteilsergänzungsanspruchs nach dem Beklagten. Als Gegenleistung sollte der Kläger den Sportwagen unter der Bedingung erhalten, dass er das 25. Lebensjahr vollendet hat, die Ausbildung zum Zahntechniker innerhalb einer bestimmten Frist mit einer bestimmten Abschlussnote sowie die Meisterprüfung zum Zahntechniker innerhalb einer bestimmten Frist mit einer bestimmten Abschlussnote bestanden hat. Der Kläger unterzeichnete die Urkunde. Noch am gleichen Tag reute ihn die Unterschrift und er teilte dem Notar mit, dass er die Vereinbarung rückgängig machen wolle. Zur Begründung führte er an, dass der Verzicht sittenwidrig sei und damit nichtig. Der Beklagte habe ihn mit dem Vertrag überrumpelt. Des Weiteren sei ihm, dem Kläger, ein Entwurf des Notarvertrages vor dessen Unterzeichnung nicht zugesendet worden. Der Beklagte behauptet, er habe den Kläger schon vorher in Aussicht gestellt, dass er ihm den Pkw schenken würde, wenn der Kläger seine Ausbildung mit einer guten Note abschließen würde. Des Weiteren habe der Beklagte dem Kläger auch erklärt, dass mit der Schenkung des Pkws alle Erbansprüche abgegolten sind. Dies habe der Kläger auch verstanden.


Das Landgericht hat der Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der Urkunde stattgegeben. Die Berufung des Beklagten wies das OLG nunmehr zurück und begründete dies wie folgt:


Der Erbverzichtsvertrag ist sittenwidrig. Sittenwidrigkeit bedeutet, dass ein Rechtsgeschäft gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht denkenden Menschen verstößt. Dabei ist nicht nur auf den Inhalt des Rechtsgeschäfts, sondern auch auf den Beweggrund und den Zweck des Rechtsgeschäfts sowie auf die äußeren Umstände des Zustandekommens abzustellen. In diesem Fall wurde neben dem Erbverzicht auch eine Abfindung (Schenkung des Pkws) vereinbart. Erbverzicht und Abfindung sind zwei getrennte Rechtsgeschäfte. Diese Rechtsgeschäfte können aber so miteinander verbunden sein, dass die Unwirksamkeit des einen auch die Unwirksamkeit des anderen Rechtsgeschäfts zur Folge hat. Das war hier der Fall. Die Vereinbarungen in der Urkunde wiesen ein erhebliches Ungleichgewicht zu Lasten des Klägers aus. Zum einen sollte der Erbverzicht sofort und unbedingt erfolgen. Des Weiteren stand die Übertragung des Pkws an den Kläger unter drei kumulativ zu erfüllende Bedingungen, bei deren Nichteintritt (z.B. Abschluss der Ausbildung mit Note 3) der Beklagte den Erbverzicht sogar unentgeltlich erlangt hätte. Aus diesem Grund war der Erbverzicht unwirksam.


(Quelle: Urteil des OLH Hamm vom 08.11.2016, Az: 10 U 36/15)


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Beginn Ausschlussfrist für Schenkung

 

Folgenden Fall (verkürzt) hatte das Landgericht Kiel zu entscheiden:

 

Der Kläger ist der Sohn des Erblassers. Er macht gegen die Beklagte (Ehefrau des Erblassers) Pflichtteilsergänzungsansprüche geltend.

Der Erblasser war Eigentümer eines Reihenhauses. Er lebte mit der Beklagten in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zusammen. 1981 bestellte der Erblasser für sich und seine damalige Lebensgefährtin ein Nießbrauchrecht an dem Grundstück des Erblassers, auflösend bedingt durch Beendigung der Lebensgemeinschaft mit der Beklagten auf andere Weise als durch den Tod des Erblassers. 1982 heirateten der Erblasser uns seine damalige Lebensgefährtin, die Beklagte. 2014 verstarb der Erblasser. Der Kläger forderte von der Beklagten den Pflichtteil und legte zur Berechnung dessen den Wert des Grundstücks zu Grunde. Er war der Ansicht, dass das Nießbrauchrecht für die Beklagte den Wert des Grundstücks nicht mindere. Des Weiteren sei die Einräumung des Nießbrauchrechts an die Beklagte eine Schenkung, die erst mit dem Tod des Erblassers vollzogen wurde.

 

Dem folgte das LG Kiel nicht und wies die Klage ab.

 

Zum einen war bei der Berechnung des Pflichtteils die Belastung des Grundstücks mit dem Nießbrauchrecht der Beklagten zu beachten. Da das Nießbrauchrecht bereits zu Lebzeiten des Beklagten eingetragen wurde, konnte der Erblasser nur ein mit dem Nießbrauchrecht belastetes Grundstück an die Beklagte übertragen.

 

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Pflichtteilsergänzung wegen der Einräumung des Nießbrauchrechts, das als Schenkung anzusehen ist. Die 10 Jahresfrist des § 2325 Abs. 3 Satz 2 BGB war zum Zeitpunkt des Erbfalls abgelaufen. Gemäß § 2325 BGB ist der Wert eines Gegenstandes oder Rechts nicht mehr beachtlich, wenn seit der Leistung dessen mehr als 10 Jahre vergangen sind. Eingetragen wurde das Nießbrauchrecht im Jahr 1981. Dass das Nießbrauchrecht unter einer auflösenden Bedingung der Beendigung der Lebensgemeinschaft stand, steht der Annahme der Leistung nicht entgegen. Der Erblasser hatte sich hier nämlich keinen freien Rückforderungsvorbehalt eingeräumt. Er konnte das Nießbrauchrecht nur durch Auflösung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft mit der Beklagten aufheben. Auch kommt dem Kläger § 2325 Abs. 3 Satz 3 BGB nicht zur Hilfe. Dieser besagt, dass eine Schenkung an Ehegatten erst erfolgt ist, wenn die Ehe aufgelöst wurde. Hier erfolgte die Schenkung an die nichteheliche Lebensgefährtin. Die Regelung des § 2325 Abs. 3 Satz 3 BGB ist aber auf nichteheliche Lebensgemeinschaften nicht anzuwenden.


(Quelle: Urteil des Landgericht Kiel vom 02.02.2018, Az.: 12 O 82/17)

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