Miet- und Grundstücksrecht

Nicht unerheblicher Teil der monatlichen Miete

 

Folgenden Fall hatte der BGH zu entscheiden:

 

Die Beklagte mietet 2005 die streitgegenständliche Wohnung. Die Bruttomiete betrug 704 EUR. Im Januar 2018 zahlte sie nur 135,41 EUR und im Februar 2018 keine Miete. Im Februar 2018 kündigte die Klägerin den Mietvertrag fristlos, hilfsweise ordentlich. Die Beklagte glich den Mietrückstand innerhalb der Schonfrist nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB aus, wobei sie diese Regelung schon einmal vor weniger als 2 Jahren in Anspruch nahm.

 

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht das Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.


Zur Begründung führte das LG aus:

„Der Kündigungsgrund des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a Alt. 2 BGB sei nicht gegeben. Zwar übersteige der Gesamtbetrag des Mietrückstands von 839,41 € eine Monatsmiete (§ 569 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 BGB). Jedoch sei für den ersten der beiden Monate (Januar 2018) kein "nicht unerheblicher Teil der Miete" offengeblieben. Der Rückstand für diesen Monat (135,41 €) betrage nur

19 % der Monatsmiete von 704 €. Als nicht unerheblicher Rückstand im Sinne des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a Alt. 2 BGB könne hingegen nur ein Mietanteil "etwa" in Höhe einer hälftigen Monatsmiete angesehen werden.“

 

Die Revision der Klägerin ist begründet. Zu Unrecht hat das LG die Klage abgewiesen.

 

Der Vermieter kann den Mietvertrag über Wohnraum gemäß § 543 Abs. 1 BGB außerordentlich aus wichtigem Grund kündigen.

 

Ein wichtiger Grund im Sinne von § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a Alt. 2 BGB liegt vor, wenn der Mieter für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist. Konkretisiert wird diese Vorschrift durch § 569 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 BGB, ausweislich dessen der rückständige Teil der Miete nur dann als nicht unerheblich anzusehen ist, wenn er die Miete für einen Monat übersteigt. Die Beklagte war zum Zeitpunkt der Kündigung mit einem Betrag von insgesamt 839,41 EUR in Verzug. Der Bruttomietpreis betrug 704 EUR pro Monat.

 

Der Kündigung steht nicht entgegen, dass der für Januar gezahlte Teil der Miete nur 19% des Gesamtbetrages ausmachte. Denn bei der Kündigung gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a Alt. 2, § 569 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 BGB ist die Erheblichkeit des Mietrückstandes allein nach der Gesamthöhe der beiden rückständigen Teilbeträge zu bestimmen. Der Gesamtrückstand ist jedenfalls dann nicht mehr unerheblich, wenn er die für einen Monat geschuldete Miete übersteigt. Eine gesonderte Bewertung hinsichtlich der Höhe der einzelnen Rückstände sieht das Gesetz nicht vor.

 

Gegen die Ansicht des Berufungsgerichts spricht schon allein der Wortlaut des § 569 Abs. 1 BGB. Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass die Höhe des nicht unerheblichen Teils zu bestimmen ist, hätte er dies auch im Rahmen der Mietrechtsreform 2001 auch getan. Dann hätte der Gesetzgeber z.B. eingefügt, dass der Mieter mit der Entrichtung jeweils eines nicht unerheblichen teils der Miete in Verzug sein muss.

 

Damit war die fristlose Kündigung wirksam. Der BGH gewährte der Beklagten noch eine Räumungsfrist.

 

(Quelle: BGH, Urteil vom 08.12.2021, Az.: VIII ZR 32/20)


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Kündigung bei Zahlungsverzug

 

Folgenden Fall hatte der BGH zu entscheiden:

Der Beklagte mietet die streitgegenständliche Wohnung im September 2015. Die Kaltmiete betrug 760 EUR, die Nebenkosten

240 EUR. Der Beklagte zahlte von Juli 2018 bis April 2019 nur eine geminderte Miete. Wegen des Rückstandes in Höhe von

2.600 EUR kündigte der Kläger im Mai 2019 den Mietvertrag fristlos, hilfsweise ordentlich. Im Juni 2019 zahlte der Beklagte den offenen Restbetrag der Miete an den Kläger.

 

Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Herausgabe der vom Beklagten gemieteten Wohnung.

 

Das Amtsgericht gab der Herausgabeklage statt. Auf die Berufung des Beklagten hob das LG das Urteil des Amtsgerichts auf und wies die Klage ab. Zur Begründung führte das LG aus, dass es durch die Mietrechtsreform von 2001 zu einer grundsätzlichen systematischen Änderung des Mietrechts gekommen sei, die vom BGH bisher nicht beachtet wurde. Vor der Reform stünden die einzelnen Regelungen des Mietrechts auf der gleichen Ebene, so dass die beschränkte Wirkung der Schonfristzahlung auf die fristlose Kündigung nach § 554 BGB a.F. gerechtfertigt sei.

 

So führt das LG aus:

„Systematisch beziehe sich die Vorschrift des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB eindeutig sowohl auf die fristlose Kündigung nach

§ 543 Abs. 1, 2 Nr. 3 BGB als auch auf die ordentliche Kündigung nach § 573 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB. Dies ergebe sich daraus, dass die Normen des § 569 BGB einerseits und des § 573 BGB andererseits nicht auf derselben Ebene (nebeneinander) stünden. Vielmehr stehe § 569 BGB in Kapitel 5, Unterkapitel 1 "Allgemeine Vorschriften" und gehöre damit als "vor die Klammer gezogen" zu denjenigen Regelungen, die für die "Beendigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum" (Untertitel 2, Kapitel 5) und damit auch für die dort später verortete Vorschrift des § 573 BGB maßgeblich seien. Die Anwendung von § 569 BGB auf die im nachfolgenden Unterkapitel 2 (Mietverhältnisse auf unbestimmte Zeit) geregelte ordentliche Kündigung nach § 573 BGB sei damit (nur) die zwingende Konsequenz aus der 2001 neu eingeführten gesetzlichen Struktur.“

Hinsichtlich der Frage der Wirkung einer Schonfristzahlung bezüglich der ordentlichen Kündigung ließ das LG die Revision zu.

 

Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Ziel weiter.

Die Revision ist begründet.

 

Die Zahlung des Beklagten innerhalb der Schonfrist hat nur Auswirkungen auf die außerordentliche Kündigung, nicht aber auf die gleichzeitig erklärte ordentliche Kündigung.

 

Der Vermieter kann den Mietvertrag über Wohnraum gemäß § 543 Abs. 1 BGB außerordentlich aus wichtigem Grund kündigen.

 

Ein wichtiger Grund liegt nach § 543 Abs. 1, 2 Satz 1 Nr. 3 BGB vor, wenn der Mieter mit der Zahlung der Miete entweder eines nicht unerheblichen Teils (a) oder mit einem Zeitraums, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht.

 

Der Kläger als Mieter war hier mit einem Betrag in Höhe von 2.600 EUR im Rückstand der mehr als zwei Monatsmieten (2.000 EUR) überstieg.

 

Die Kündigung gemäß § 543 Abs. 1, 2 Satz 1 Nr. 3 BGB ist gemäß § 543 Abs. 2 Satz 2 BGB ausgeschlossen, wenn der Vermieter vorher (also vor Ausspruch der Kündigung) befriedigt wird.

 

Die Kündigung wird dagegen unwirksam, wenn der Mieter sich von seiner Schuld durch Aufrechnung (§ 387 BGB) befreien konnte, § 543 Abs. 2 Satz 3 BGB.

 

Weiterhin wird die Kündigung auch unwirksam, wenn der Mieter innerhalb von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit

(§ 261 ZPO) des Räumungsanspruchs hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach § 546a Abs. 1 BGB befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet, § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB.

 

Der BGH musste also hier drei Möglichkeiten der Unwirksamkeit der Kündigungen prüfen.

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH erfassen Schonfristzahlungen des Mieters wegen Zahlungsverzuges nach

§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, § 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB nur die fristlose Kündigung, nicht aber auch die gleichzeitig gemäß § 573 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB gestützte ordentliche Kündigung (zuletzt BGH, vom 20. Juli 2016 - VIII ZR 238/15).

 

Der BGH sah keinen Grund, von dieser gefestigten Rechtsprechung abzuweichen.

 

In seiner Begründung geht der BGH auf die Argumente des Landgerichts ein und stellte unter anderem heraus, dass sich

§ 569 Abs. 3 BGB – wie schon die amtliche Überschrift zeigt – sich ausschließlich auf die fristlose Kündigung bezieht.

 

So führt der BGH aus:

„Die gesamte Norm des § 569 BGB betrifft ausschließlich die fristlose Kündigung. Deren Absätze 1 bis 2a konkretisieren für den Bereich der Wohnraummiete den wichtigen Grund aus § 543 Abs. 1 BGB. Damit einhergehend legt § 569 Abs. 3 die Voraussetzungen der auf einen Zahlungsverzug gestützten fristlosen Kündigung aus § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB "ergänzend" fest. Dabei spricht § 569 Abs. 3 Nr. 3 BGB, der die Zahlungsverzugskündigung nach einer Mieterhöhung (§§ 558 bis 560 BGB) regelt, ausdrücklich von "der außerordentlichen fristlosen Kündigung".

 

Selbst dem Argument des LG, dass sich die Regelung über die Schonfristzahlung im allgemeinen Teil der Regelungen über die Beendigung von Mietverträgen befinde, trat der BGH richtig entgegen, dass Innerhalb der Regelungen zur Beendigung des Wohnraummietverhältnisses (Kapitel 5) diese ergänzende Bestimmung zur Schonfristzahlung deshalb "vor die Klammer" gezogen werden mussten, da die fristlose Kündigung (§ 543 BGB) sowohl bei den anschließend geregelten Mietverhältnissen auf unbestimmte Zeit (Kapitel 5, Unterkapitel 2) als auch bei den in Kapitel 5, Unterkapitel 3 geregelten Mietverhältnissen auf bestimmte Zeit möglich ist.

 

Der BGH konnte hier nicht entscheiden, weil des LG keine Feststellungen dazu getroffen hatte, ob der Beklagte die Miete wegen behaupteter Feuchtigkeitsschäden rechtmäßig gemindert hatte.

 

(Quelle: BGH, Urteil vom 13.10.2021, Az.: VIII ZR 91/20)


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Kündigung wegen Eigenbedarfs nach Zuschlag

 

Folgenden Fall hatte der BGH zu entscheiden:

 

Der Beklagte ist seit 2005 Mieter einer Eigentumswohnung in München. Im Mietvertrag hatte der Vermieter die Kündigung wegen Eigenbedarfs ausgeschlossen. Der Kläger erwarb die Wohnung im Wege der Zwangsversteigerung durch Zuschlag im Oktober 2018. Mit Schreiben vom 20.10.2018 kündigte er die streitgegenständliche Wohnung mit der Begründung des Eigenbedarfs. Dazu führte der Kläger aus, dass er 4 Kinder hat und der 20-jährige Sohn in die streitgegenständliche Wohnung ziehen solle, damit es bezüglich der verbleibenden 3 Geschwister zu einer Entspannung der Wohnsituation in der derzeit vom Kläger bewohnten Wohnung komme.

 

Das Amtsgericht hat der auf Räumung und Herausgabe der Wohnung gerichteten Klage stattgegeben, das Landgericht die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Beklagte sein Ziel weiter.

 

Die Revision ist unbegründet, urteilte der BGH.

 

Die zwischen dem Beklagten und dem Voreigentümer im Mietvertrag getroffene Abrede, dass eine Kündigung wegen Eigenbedarfs ausgeschlossen ist, steht der Kündigung des Klägers nicht entgegen.

 

Der Kläger hat die Wohnung im Wege des Zuschlags erworben, § 90 Abs. 1 ZVG (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juli 1990 - IV ZR 174/89).

 

Der Kläger tritt mit dem Zuschlag gemäß § 57 ZVG iVm. § 566 BGB in das zwischen dem Beklagten und dem Voreigentümer geschlossenen Mietverhältnis ein.

 

Dem Kläger als Ersteher der Wohnung steht gemäß § 57a ZVG ein Sonderkündigungsrecht zu, dass nicht durch etwaige Sondervereinbarungen im Mietvertrag ausgeschlossen oder begrenzt ist.

 

Zwar tritt der Ersteher gemäß § 57 ZVG iVm. § 566 BGB in das Mietverhältnis ein. Allerdings wird dieser Eintritt nach § 57a ZVG modifiziert. Wäre die Wohnung verkauft worden, hätte der Erwerber den Ausschluss der Eigenbedarfskündigung gegen sich gelten lassen müssen, § 566 BGB (Urteil BGH, VIII ZR 57/13). Dies gilt beim Eigentumserwerb durch Zuschlag im Wege der Zwangsvollstreckung nicht. Denn das Sonderkündigungsrecht nach § 57a ZVG zählt zu den - gemäß § 82 ZVG in den Zuschlagsbeschluss aufzunehmenden - gesetzlichen Versteigerungsbedingungen (BGH, Urteil vom 30. Oktober 2013 - XII ZR 113/12).

 

Das Sonderkündigungsrecht gibt dem Ersteher damit die Gewissheit, dass das ersteigerte Grundstück „frei von jeder Mietlast“ wird, ohne dass es auf besondere schuldrechtliche Gestaltungen ankommt. Die öffentlich-rechtlichen Vorschriften des Zwangsversteigerungsgesetzes überlagern insoweit das Zivilrecht (vgl. BGH, Urteil vom 30. Oktober 2013 - XII ZR 113/12).

 

Das außerordentliche Kündigungsrecht - als gesetzliche Versteigerungsbedingung und damit als notwendiger Bestandteil des Zuschlagsbeschlusses (vgl. Senatsurteil vom 11. März 2009 - VIII ZR 83/08) - kann folglich nicht durch eine - wie hier - vertragliche Vereinbarung zwischen dem Voreigentümer und dem Beklagten ausgeschlossen oder eingeschränkt werden

 

Allerdings muss die Kündigung zum ersten Termin erfolgen, zu dem sie zulässig ist. Dies ist hier erfolgt, da der Kläger 4 Tage nach Zuschlag die Kündigung fristgemäß ausgesprochen hatte.

 

Des Weiteren muss die Kündigung auch entsprechende begründet werden. Hier machte der Kläger Eigenbedarf gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB geltend. Der Kläger gab i der Kündigung an, dass sein Sohn (20 Jahre alt) in die streitgegenständliche Wohnung einziehen sollte, damit es dann zu einer entsprechenden Entspannung der Wohnsituation in der derzeit vom Kläger bewohnten Wohnung kommt.

 

Dies sind nachvollziehbare Gründe, die die Kündigung tragen.

 

(Quelle: BGH, Urteil vom 15.09.2021, Az.: VIII ZR 76/20)

 

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Mietzahlung bei coronabedingter Schließung des Geschäftsbetriebes

 

Folgenden Fall hatte der BGH zu entscheiden:

 

Die Beklagte betreibt ein Einzelhandelsgeschäft und verkauft Textilien sowie Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs.

 

Sie hat von der Klägerin entsprechende Gewerberäume gemietet.

 

Das sächsische Staatsministerium verfügte im März 2020 als Maßnahme zur Eindämmung der Corona Pandemie die Schließung von Gewerbeunternehmen, darunter auch das der Klägerin.

 

Für die Zeit der Schließung (19.03.2020 – 19.04.2020) zahlte die Beklagte keinen Mietzins an die Klägerin.

 

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten insoweit zurückgewiesen, als die Beklagte zur Zahlung von mehr als 3.720 EUR verurteilt wurde. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen.

 

Der BGH hob das Urteil des OLG auf und verwies den Rechtsstreit an das OLG zurück, da es in der Sache nicht selber entscheiden konnte.

 

Zur Begründung führte der BGH aus, dass bei einer auf Grund behördlicher Anordnung – zur Bekämpfung der Corona Pandemie - erfolgten Schließung von Geschäften grundsätzlich ein Anspruch des Mieters von gewerblich genutzten Räumen auf Anpassung der Miete wegen Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB in Betracht kommt.

 

Die Anwendbarkeit der Regelungen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage von mietrechtlichen Gewährleistungsansprüchen wird in diesem Fall nicht durch Art. 240 § 2 EGBGB ausgeschlossen, weil es in der Vorschrift nur um die Einschränkung des Kündigungsrechts des Klägers ging. Dies war hier aber nicht betroffen.

 

Die Betriebsschließung hat auch nicht zu einem Mangel der Mietsache geführt. Grundsätzlich durfte die Beklagten in den von ihr gemieteten Räumen ihr Gewerbe betreiben und die Klägerin war ihrerseits berechtigt, die Gewerberäume an die Beklagte für den von ihr verfolgten Zweck zu vermieten.

 

Wegen des immens großen Umfangs der Maßnahmen zur Eindämmung der Corona Pandemie ist im vorliegenden Fall die Geschäftsgrundlage betroffen.

 

Darunter versteht man die Erwartung der vertragschließenden Parteien, dass sich die grundlegenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen eines Vertrags nicht ändern und die Sozialexistenz nicht erschüttert werde.

 

 

Diese Erwartung der Parteien wurde durch die Anordnung der Schließung des Geschäfts der Beklagten erschüttert. Dafür spricht auch die Änderung des Art. 240 § 7 EGBGB. Danach wird vermutet, dass sich ein Umstand im Sinne des § 313 Abs. 1 BGB, der zur Grundlage des Mietvertrags geworden ist, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat, wenn vermietete Grundstücke oder vermietete Räume, die keine Wohnräume sind, infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie für den Betrieb des Mieters nicht oder nur mit erheblicher Einschränkung verwendbar sind.

 

§ 313 Abs. 1 BGB verlangt als weitere Voraussetzung, dass dem betroffenen Vertragspartner unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Auch das ist hier gegeben, denn die wirtschaftlichen Nachteile, die ein gewerblicher Mieter aufgrund einer pandemiebedingten Betriebsschließung erlitten hat, beruhen nicht auf unternehmerischen Entscheidungen oder der enttäuschten Vorstellung, in den Mieträumen ein Geschäft betreiben zu können, mit dem Gewinne erwirtschaftet werden. Sie sind vielmehr Folge der umfangreichen staatlichen Eingriffe in das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie, für die keine der beiden Mietvertragsparteien verantwortlich gemacht werden kann. Durch die COVID-19-Pandemie hat sich letztlich ein allgemeines Lebensrisiko verwirklicht, das von der mietvertraglichen Risikoverteilung ohne eine entsprechende vertragliche Regelung nicht erfasst wird. Das damit verbundene Risiko kann regelmäßig keiner Vertragspartei allein zugewiesen werden.

 

In welcher Höhe der zu zahlende Mietzins angepasst werden kann, bedarf einer umfassenden Abwägung. Zu prüfen ist, welche Nachteile der Beklagten durch die Schließung entstanden sind. Das sind zum einen finanzielle Nachteile (Betrachtung der Filiale, nicht des Konzerns), aber auch die Bemühungen der Beklagten, mögliche finanzielle Einbußen durch verschiedene Maßnahmen zu kompensieren. Berücksichtigt werden muss auch, in welchem Umfang die Beklagte finanzielle Mittel aus verschiedenen Hilfsfonds oder Betriebsversicherungen zur Abfederung der finanziellen Nachteile erhalten hat. Darlehensweise Überlassung von Hilfsmitteln sind nicht zu beachten, weil diese vom Mieter zurückgezahlt werden müssen und für diesen mithi eine Belastung darstellen.

 

Dazu fehlten hier entsprechende Feststellungen des OLG.


Möglicherweise wird sich der BGH noch einmal mit der Sache befassen müssen.

 

(Quelle: BGH, Pressemitteilung vom 12.01.2022 zum Urteil vom 12. Januar 2022 – XII ZR 8/21)


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Ermittlung ortsübliche Vergleichsmiete im Sinne des § 21 Abs. 2 EStG


Folgenden Fall hatte der Bundesfinanzhof (BFH) zu entscheiden:


Die Klägerin vermietete ihre Eigentumswohnung (57m²) zu einem monatlichen Mietpreis von 300 EUR kalt an ihre Tochter. Für Nebenkosten zahlte die Tochter 70 EUR sowie an das Energieversorgungsunternehmen 49 EUR monatlich.

Eine weitere, in dem Haus befindliche Eigentumswohnung gleicher Größe, vermietete die Klägerin an einen Dritten zu einem Mietzins von 500 EUR zzgl. Nebenkosten in Höhe von 78 EUR monatlich.


Im Einkommenstreuerbescheid für das Jahr 2015 berücksichtigte das Finanzamt (FA) von den angegebenen Werbungskosten für die an die Tochter vermietete Wohnung von 3.553 € nur mit einem Anteil von 64,01 % --d.h. in Höhe von insgesamt 2.276 €-- und setzte positive Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 314 € statt des erklärten Negativbetrags in Höhe von 963 € an. Es führte mit Blick auf § 21 Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes i.d.F. des Streitjahres (EStG) zur Begründung an, die zwischen der Klägerin und ihrer Tochter vereinbarte Miete von 370 € betrage nur 64,01 % und damit weniger als 66 % der ortsüblichen Miete von 578 €/Monat. Als Maßstab für die Ortsüblichkeit zog das FA die Miete für die vergleichbar ausgestattete, im selben Haus liegende und durch die Klägerin an einen fremden Dritten vermietete Wohnung gleicher Größe heran.


Einspruch und Klage waren erfolglos. Das Finanzgericht (FG) führte in seiner Begründung aus, dass das FA zur Recht die Werbungskosten nur anteilig berücksichtigt habe. Die ortübliche Miete sei nicht vorrangig mit dem örtlichen Mietspiegel zu ermitteln, sondern könne auch im Wege des Vergleichs mit anderen - im gleichen Haus vermieteten gleichgroßen - Wohnungen ermittelt werden.


Die Revision der Klägerin zum BFH war erfolgreich. Der BFH hob das Urteil des FG auf und verwies das Verfahren an das FG zurück.


Zur Begründung führte der BFH aus, dass das FG die ortübliche Miete falsch ermittelt hat.

Bei der Vermietung von Wohnraum zu Wohnzwecken unterhalb der ortüblichen Vergleichsmiete kann es zur anteiligen Kürzung der Werbungskosten kommen.


Gemäß § 21 Abs. 2 EStG (Fassung für 2015) gilt Folgendes:

Beträgt das Entgelt für die Überlassung einer Wohnung zu Wohnzwecken weniger als 66 Prozent der ortsüblichen Marktmiete, so ist die Nutzungsüberlassung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen. Beträgt das Entgelt bei auf Dauer angelegter Wohnungsvermietung mindestens 66 Prozent der ortsüblichen Miete, gilt die Wohnungsvermietung als entgeltlich.

Maßstab für die Berechnung der Entgeltlichkeitsqoute ist die ortübliche Marktmiete. Darunter ist die ortsübliche Kaltmiete für Wohnungen vergleichbarer Art, Lage und Ausstattung unter Einbeziehung der Spannen des örtlichen Mietspiegels zuzüglich der nach der Betriebskosten-verordnung (BetrKV) umlagefähigen Kosten zu verstehen (ständige Rechtsprechung, s. BFH-Urteile vom 10.05.2016 - IX R 44/15).


Wie ist die ortübliche Marktmiete im Sinne von § 21 Abs. 2 EStG zu bestimmen?


Diese ergibt sich grundsätzlich aus dem örtlichen Mietspiegel. Der Grund dafür liegt darin, dass der Mietspiegel ein breites örtliches Spektrum der örtlichen Wohnungen berücksichtigt und somit ein Anhaltspunkt für die ortsübliche Marktmiete ist. Zum Mietspiegel gehört der einfache Mietspiegel (§ 558 c BGB) und der qualifizierte Mietspiegel (§ 558 d BGB). Voraussetzung der Anwendung des Mietspiegels ist aber, dass dieser regelmäßig aktualisiert wird.


Kann nicht auf einen Mietspiegel zurückgegriffen werden, kann die ortsübliche Miete auch durch ein von einem Sachverständigen nach § 558 Abs. 2 Nr. 3 BGB erstelltes Gutachten, der Auskunft aus einer Mietdatenbank nach § 558a Abs. 2 Nr. 2 BGB i.V.m. § 558e BGB oder auf die Entgelte von vergleichbaren Wohnungen nach § 558a Abs. 2 Nr. 4 BGB ermittelt werden. In der letzten Alternative müssen aber mindestens drei vergleichbare (z.B. Adresse, Lage, Stockwerk) Wohnungen benannt werden.


(Quelle: Urteil des BFH vom 22.02.2021, Az.: IX R 7/20)


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Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete

 

Folgenden Fall hatte der BGH zu entscheiden:

 

Die Kläger (Vermieter) begehren von der Beklagten (Mieterin) die Zustimmung zur Mieterhöhung ab Oktober von monatlich

305,42 EUR auf 341,72 EUR. Vergleichbare Wohnungen werden im Berliner Mietspiegel mit einer Nettokaltmietenspanne von

5,30 €/m² bis 6,67 €/m² ausgewiesen. Zwischen den Parteien unstreitig ist die Einordnung der Wohnung in das Mietspiegelfeld D 6 des einschlägigen Mietspiegels. Streitig ist lediglich, welchen Betrag innerhalb der Spanne der Kläger für die Mieterhöhung heranziehen konnte. Das Amtsgericht hat unter Bezugnahme auf den Mietspiegel die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ein Sachverständigengutachten eingeholt und der Klage stattgegeben. Die Beklagte begehrt mit der Revision die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

 

Die Revision ist begründet. Insoweit hat der BGH die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

 

Fehlerfrei war die Entscheidung des Berufungsgerichts, die ortübliche Vergleichsmiete durch ein Sachverständigengutachten und nicht anhand des Mietspiegels zu bestimmen. Der BGH hat in seinen Urteilen vom 18. November 2020 (VIII ZR 123/20) und

28. April 2021 (VIII ZR 22/20) entschieden, dass Gerichts auch dann die ortübliche Vergleichsmiete durch ein Sachverständigen-gutachten ermitteln können, wenn ein gültiger Mietspiegel vorliegt, die streitgegenständliche Wohnung sich unstreitig innerhalb der ausgewiesenen Spanne liegt, jedoch die konkrete Einordnung der konkreten Einzelvergleichsmiete in diese Spanne einer Klärung bedarf.

 

Das Berufungsgericht musste auch nicht zuerst die Frage klären, ob der vorhandenen Mietspiegel als qualifizierter Mietspiegel einzuordnen war und deshalb die gesetzliche Vermutung nach § 558d Abs. 3 BGB zum Tragen gekommen wäre.

 

Der BGH hat entschieden, dass die ortübliche Vergleichsmiete im Prozess nur auf der Grundlage von Erkenntnisquellen bestimmt werden darf, die die tatsächlich und üblicherweise gezahlten Mieten für vergleichbare Wohnungen in einer für die freie tatrichterliche Überzeugungsbildung (§ 286 ZPO) hinreichenden Weise ermittelt haben (Senatsurteil vom 21. November 2012 - VIII ZR 46/12). Dabei hat das Gericht die Wahl, ob es seine richterliche Überzeugung durch Einholung eines Sachverständigen-gutachtens (sofern der Vermieter die Qualifizierung des einschlägigen Mietspiegels im Sinne von § 558d Abs. 1 BGB bestreitet) oder zunächst Beweis über die Frage der Erstellung des Mietspiegels nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erhebt, um festzustellen, ob die Voraussetzungen für das Eingreifen der gesetzlichen Vermutung (§ 292 ZPO) des § 558d Abs. 3 BGB vorliegen (Senatsurteil vom 6. November 2013 - VIII ZR 346/12).

 

Fehlerhaft hatte das Berufungsgericht aber den Stichtag bestimmt, ab dem die Beklagte die erhöhte Miete zu zahlen hatte.

 

Maßgebend für die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete ist der Zeitpunkt, zu dem das Erhöhungsverlangen dem Mieter zugeht (Senatsurteil vom 28. April 2021 - VIII ZR 22/20). Gemäß § 558 Abs. 2 BGB (a.F.) wird die ortsübliche Vergleichsmiete gebildet aus den üblichen Entgelten, die in der Gemeinde oder einer vergleichbaren Gemeinde für Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage in den letzten vier Jahren vereinbart oder, von Erhöhungen nach § 560 abgesehen, geändert worden sind.

 

Hier durften also nur Vergleichsmieten von Juli 2013 bis Juli 2017 in die Berechnung einfließen. Allerdings wurden zwei Vergleichsmieten in das Gutachten einbezogen, die zwischen Juli 2017 und Oktober 2017 vereinbart bzw. geändert wurden. In diesem Punkt war die Revision begründet.

 

(Quelle: BGH, Urteil vom 26.05.2021, Az.: VIII ZR 93/20)


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Überfahrrecht des Nachbarn?

 

Folgenden Fall (verkürzt) hatte der BGH zu entscheiden:

 

Der Kläger und der Beklagte sind Nachbarn. Die Grundstücke des Klägers (Flurstück 140 und 141) liegt direkt an einer Straße, die Grundstücke des Beklagten (Flurstück 142 und 143) sind nicht an eine öffentliche Straße angebunden. Auf dem Grundstück des Klägers (Nr. 141) lastet seit der Trennung der Grundstücke im Jahr 1936 eine Grunddienstbarkeit, auf Grund derer der jeweilige Eigentümer des heute im Eigentum des Beklagten stehende bebaute Grundstück „als Übergang zu benutzen“. Der Beklagte fuhr mit seinem Pkw über das Grundstück des Klägers. Dieser war der Ansicht, dass eine Überfahrt mit dem Pkw nicht durch die Grunddienstbarkeit abgedeckt sei.

 

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das OLG ihr stattgegeben. Auf die Revision des Beklagten wurde das Urteil des Landgerichts wiederhergestellt.

 

Damit muss der Kläger das Befahren seines Grundstücks Nr. 141 durch den Beklagten mit einem Pkw dulden.

 

Zur Begründung führte der BGH aus, dass aus dem Wortlaut der Grundbucheintragung („als Übergang zu benutzen“) nicht folgt, dass die Grunddienstbarkeit nur als Gehrecht ausgestaltet wurde. Dabei musste der BGH das Wort „Übergang“ auslegen und herausfinden, was die Parteien damals gewollt hatten.  Zunächst musste der BGH klären, was mit dem Wort „Übergang“ überhaupt gemeint war. Zum einen wird unter dem Begriff ein Überschreiten oder Hinübergehen verstanden. Zum anderen wird unter ihm auch eine Verbindung von getrennt Liegendem verstanden. Insoweit wird mit ihm eine Stelle, Einrichtung oder Fläche beschrieben, die zum Überqueren oder Passieren dient. Diese Bedeutung kommt etwa in den Begriffen des Grenz- oder Bahnübergangs zum Ausdruck.


Mit welchen Mittel der Übergang erfolgen kann, wird durch die Eintragung im Grundbuch nicht eingegrenzt. Im Grunde steht eine Dienstbarkeit, die zur Nutzung einer Fläche des dienenden Grundstücks „als Übergang“ zu einem Grundstück berechtigt, regelmäßig einem Wegerecht gleich. Und ein Wegerecht umfasst auch das Befahren mit Fahrzeugen, wenn es nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist oder auf Grund tatsächlicher Verhältnisse nicht erfolgen kann.

 

(Quelle: Urteil des BGH vom 18.09.2020, Az.: V ZR 28/20)


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Mietminderung wegen Umbaus?


Folgenden Fall (verkürzt) hatte der BGH zu entscheiden:


Die Klägerin mietete von der Beklagten Gewerberäume. Die Gesamtfläche betrug ca. 300 m². Nach dem Umbau der Mieträume betrug die Mietfläche ca. 290 m². Die Klägerin begehrt eine Mietminderung von 10% wegen der Flächenabweichung.

 

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das OLG die Berufung zurückgewiesen.

 

Zu Recht, urteilte nun der BGH.

 

Grundsätzlich stellt die Flächenabweichung eine Mangel im Sinne von § 536 BGB dar. Wie im Wohnraummietrecht hat der BGH auch im Gewerbemietrecht die Grenze von 10% eingeführt. Bleibt die tatsächlich vermietete Fläche mehr als 10% hinter der vereinbarten Mietfläche zurück, besteht nach der Rechtsprechung die tatsächliche Vermutung, dass die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch erheblich gemindert ist. Einer weiteren Darlegung des Mieters bedarf es nicht. Zur Begründung führt des BGH aus, dass die vereinbarte Fläche ein wesentliches Merkmal für den Nutzwert der angemieteten Räume sei. Bleibt die Flächenabweichung dagegen unter 10%, muss der Mieter darlegen und notfalls beweisen, dass durch die Flächenabweichung die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch beeinträchtigt ist.

 

Die Abweichung der angemieteten Fläche beträgt hier weniger als 10%. Daher muss die Klägerin darlegen und im Notfall auch beweisen, dass die Flächenabweichung die Eignung der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch tatsächlich beeinträchtigt (ständige Rspr. des BGH, vergl. nur BGH NJW 2013, S. 44, Rn. 30). Der Mieter soll für eine reduzierte Nutzungsmöglichkeit auch nur eine reduzierte Miete zahlen müssen (Ausdruck des schuldrechtlichen Äquivalenzprinzips). Dieser Darlegungslast ist die Klägerin nicht nachgekommen. Zwar hat sie ausgeführt, dass sie auf den fehlenden 10m² vier weitere Schüler hätte unterrichten können und somit weiteren Umsatz generieren können. Allerdings betraf dieses Argument nur den Umsatz. Warum die Klägerin jedoch konkret im Gebrauch des Übungsraumes wegen der Flächenabweichung beeinträchtigt war (z.B. weil keine Tanzfiguren wegen des Platzmangels geübt werden konnte), konnte sie nicht darlegen.


(Quelle: Urteil des BGH vom 25.11.2020, Az.: XII ZR 40/19)


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Ersatz von Maklerkosten?


Folgenden Fall (verkürzt) hatte der BGH zu entscheiden:

 

Der Kläger (Mieter) nimmt den Beklagten (Vermieter) auf Ersatz von Maklerkosten in Anspruch. Der Vermieter kündigte das Mietverhältnis zum 31.08.2021. Als Grund machte er Eigenbedarf für die Tochter eines der Gesellschafter geltend. Während des Berufungsverfahrens erwarb der Kläger eine Eigentumswohnung. Dafür musste er Maklergebühren in Höhe von 29.543,42 € zahlen.  In der Berufungsinstanz schlossen die Parteien einen Vergleich, demzufolge sich der Kläger bis Ende Februar 2016 zum Auszug aus der streitgegenständlichen Wohnung verpflichtete. Auf Grund von Zeitverzögerungen zog der Kläger erst im Juni 2016 aus der Wohnung aus. Die Tochter des Gesellschafters zog nicht in die streitgegenständliche Wohnung ein.

 

Das Amtsgericht sprach dem Kläger nur die Umzugs- (3.024,03 EUR) und Telefonkosten (58,78 EUR) zu und wies die Klage hinsichtlich der Maklerkosten zurück.  Das Berufungsgericht sprach dem Kläger auch die Maklerkosten zu. Der Anspruch folge aus der nachvertraglichen Treuepflicht des Vermieters. Dieser hätte dem Kläger anzeigen müssen, dass der Eigenbedarf weggefallen sei.

 

Zu Unrecht, urteilte nun der BGH, hob das Urteil des Berufungsgerichts auf und wies die Berufung des Klägers zurück.


Grundsätzlich verletzt der Vermieter seine Pflicht aus dem Mietvertrag (und macht sich damit gegenüber dem Mieter schadensersatzpflichtig), wenn er die Kündigung schuldhaft auf einen in Wahrheit nicht bestehenden Eigenbedarf stützt oder den Mieter nicht darüber informiert, dass der Eigenbedarf später weggefallen ist. Eine mögliche Verpflichtung des Vermieters über den Wegfall des Eigenbedarfs besteht aber nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist, nicht bis zum Ablauf der Räumungsfrist. Mit Ablauf der Kündigungsfrist endet auch das Mietverhältnis. Dass die Beklagte das Ende des Mietverhältnisses auf den Ablauf der Räumungsfrist (4 Jahre nach Kündigung des Mietverhältnisses) hinausschieben wollte, war nicht ersichtlich. Des Weiteren sind die Maklerkosten kein ersatzfähiger Schaden, den eine Pflichtverletzung des Vermieters nach sich ziehen würde. Der Beklagte macht mit der Kündigung das Interesse des Klägers an der Nutzung der Mietwohnung streitig. Damit ist der Beklagte nur zum Ersatz solcher Schäden verpflichtet, die auf der Verletzung seiner Pflicht zur Wahrung des Besitzrechts des Klägers beruhen. Hätte sich der Kläger eine andere Mietwohnung gesucht und dafür Maklerkosten bezahlt, hätte der Beklagte im Falle der Pflichtverletzung möglicherweise die Umzugs- und Maklerkosten tragen müssen. Da der Kläger sich aber eine Eigentumswohnung gekauft hatte, sind die Kosten grundsätzlich nicht zu ersetzen, weil der Wechsel vom Mieter zum Eigentümer mit einer signifikanten Änderung der Rechts- und Pflichtenstellung einhergeht.


(Quelle: Urteil des BGH vom 09.12.2020, Az.: VIII ZR 238/18)


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Probefahrt mit Folgen


Folgenden Fall (verkürzt) hatte der BGH zu entscheiden:

 

Bei der Klägerin, ein Autohaus, erschien ein Kunde, der vorgab, ein Auto kaufen zu wollen. Er wollte mit dem ausgesuchten Pkw eine Probefahrt machen. Zu diesem Zweck legte er sehr gut gefälschte Dokumente (italienischen Ausweis und Fahrerlaubnis sowie deutsche Meldebescheinigung) vor. Daraufhin wurde dem Kunden neben dem Schlüssel für den Pkw auch das Fahrtenbuch, die Zulassung Teil 1 in Kopie sowie weitere Unterlagen übergeben. Der Kunde fuhr ohne Begleitung durch einen Mitarbeiter der Klägerin vom Hof und kam nicht wieder. Kurz darauf wurde die Beklagte in einem Internetverkaufsportal auf den Pkw aufmerksam und kaufte diesen. Sie anerkannte die ihr vorgelegten Dokumente des Kunden als Original. Die Klägerin forderte von der Beklagen die Herausgabe des Pkws und des Fahrzeugschlüssels. Die Beklagte forderte im Wege der Widerklage von der Klägerin die Herausgabe der Originalpapiere sowie der Zweitschlüssel.

 

Der BGH gab der Beklagten recht und wies damit die Revision der Klägerin zurück.

 

Zur Begründung führte der BGH aus, dass der Pkw der Klägerin nicht abhandengekommen war (§ 935 BGB) und die Beklagte deshalb gutgläubig Eigentum an dem Pkw erwerben konnte. Ein Abhandenkommen liegt dann vor, wenn der Eigentümer (hier die Klägerin) das Eigentum unfreiwillig verloren hat (z.B. bei Diebstahl). Hier hat die Klägerin den Pkw aber freiwillig im Rahmen der Gestattung der Probefahrt herausgegeben, auch wenn die freiwillige Herausgabe auf einem Irrtum beruhte. Auch die unterlassene Rückgabe des Fahrzeugs stellt kein Abhandenkommen dar.

 

(Quelle: Urteil des BGH vom 18.09.2020, Az: V ZR 8/19)


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Kündigung Mietvertrag


Folgenden Fall (vereinfacht) hatte der Bundesgerichtshof zu entscheiden:


Der Kläger ist Vermieter der von den Beklagten bewohnten Wohnung. Die Parteien vereinbarten, dass die Kündigung des am 01.04.2012 beginnenden Mietvertrages für einen Zeitraum von vier Jahren ausgeschlossen sein sollte. Der Mietvertrag konnte daher erstmals zum Ablauf dieses Zeitraum mit der gesetzlichen Frist gekündigt werden. Die Beklagten zahlten ab November 2014 keine Miete mehr. Der Kläger erhob Zahlungsklage, die Beklagten kündigten daraufhin den Mietvertrag fristlos, hilfweise ordentlich zum 01.05.2015. Sie sind der Ansicht, dass die Klausel über den Kündigungsausschluss unwirksam sei und der Mietvertrag daher auch vor dem Ablauf von 4 Jahren gekündigt werden könne.


Das sah der BGH anders.


In diesem Fall ist der Kündigungsausschluss wirksam vereinbart worden, weil die Beklagten die Möglichkeit hatten, den Mietvertrag zum Ablauf der Vierjahresfrist zu kündigen. Im Gegensatz dazu ist eine Klausel unwirksam, die die erstmalige Kündigung nach Ablauf des Verzichtszeitraums ermöglicht. Dann kann der Mietvertrag erstmals nach

4 Jahren und drei Monaten gekündigt werden.


(Quelle: Beschluss des BGH vom 23.08.2016, Az: VIII ZR 23/16)


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Zögerliche Abrechnung der Betriebskosten einer Eigentumswohnung


Folgenden Fall (vereinfacht) hatte der BGH zu entscheiden:


Der Kläger ist Eigentümer einer Wohnung, die von der Beklagten bewohnt wird. Die Beklagte zahlt neben der monatlichen Miete einen Betriebskostenvorschuss, über den der Kläger jährlich abzurechnen hatte. Der Mietvertrag enthielt einen handschriftlichen Zusatz, dass die Betriebskosten jährlich nach Genehmigung der Abrechnung in der Eigentümerversammlung mit dem Mieter abgerechnet werden. Für die Jahre 2010, 2011 und 2012 rechnete der Kläger die Betriebskosten erst im Dezember 2013 ab und verlangte von der Beklagten eine Nachzahlung. Der Kläger begründete die verspätete Abrechnung damit, dass die ehemalige Hausverwaltung die Abrechnung ungenau erstellt hatte, die Hausverwaltung zum Ende des Jahres 2012 gewechselt hatte und die neue Hausverwaltung erst die erforderlichen Daten zusammentragen musste. Die Beklagte wendet ein, dass der Kläger mit der Abrechnung der Betriebskosten verspätet sei.


Der BGH entschied, dass der Kläger keinen Anspruch auf die Nachzahlung der Betriebskosten hatte. Für das Jahr 2010 und 2011 war der Kläger verspätet gemäß § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB. Dabei half ihm nicht, dass die Hausverwaltung Ende 2012 gewechselt hatte. Denn als Eigentümer war es ihm möglich, auch während des Jahres die entsprechenden Nachweise für die Abrechnung beim Verwalter zu erfragen. Des Weiteren kann sich der Kläger auch nicht darauf berufen, dass ja erst die Eigentümerversammlung über die Jahresabrechnung beschließen musste, bevor dann die Abrechnung mit den jeweiligen Mietern erfolgte. Diese Regelung ist, da sie für den Mieter nachteilig ist, gemäß § 556 Abs. 4 BGB unwirksam. Ein Beschluss der Eigentümerversammlung ist keine Voraussetzung für die Abrechnung der Betriebskosten des Mieters.  Der Kläger musste sich zwar das Verschulden der ehemaligen Hausverwaltung nicht zurechnen lassen. Es oblag aber ihm nachzuweisen, dass ihn kein eigenes Verschulden an der verspäteten Abrechnung traf. Das hatte der Kläger unterlassen.


(Quelle: Urteil des BGH vom 25.01.2017, Az: VIII ZR 249/15)


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Rechtzeitigkeit der Mietzahlung


Folgenden Fall (vereinfacht) hatte der BGH zu entscheiden:


Die Klägerin ist Vermieterin einer Wohnung, die die Beklagte bewohnt. Ausweislich des Mietvertrages ist die Miete monatlich im Voraus auf das Konto des Vermieters zu zahlen. Dabei kommt es für die Rechtzeitigkeit der Zahlung nicht auf die Absendung, sondern auf den Eingang des Geldes an. Die Beklagte zahlte die Miete mehrfach verspätet und erhielt dafür von der Klägerin eine Abmahnung. Für März, April und Mai 2013 zahlte die Beklagte die Miete am dritten Werktag bar bei der Post ein. Gleichzeitig erteilte sie einen Überweisungsauftrag. Das Geld ging verspätet auf dem Konto der Klägerin ein. Die Klägerin kündigte daraufhin den Mietvertrag fristlos, hilfsweise fristgerecht.


Zu Unrecht, urteilte nun der BGH.


Die im Mietvertrag enthaltene Klausel, wonach es für die Rechtzeitigkeit der Mietzahlung auf den Eingang auf dem Vermieterkonto ankommt, ist unwirksam. Für die rechtzeitige Mietzahlung reicht es nun aus, wenn der Mieter seiner Bank den Zahlungsauftrag für die Überweisung bis zum dritten Werktag des Monats erteilt hat und das Konto gedeckt ist.


(Quelle: BGH, Urteil vom 05.10.2016, Az: VIII ZR 222/15)


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Eigenbedarf einer GbR?


Folgenden Fall (vereinfacht) hatte der BGH zu entscheiden:


Die Vermieterin (eine aus vier Gesellschaftern bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)), ist Eigentümerin eines Mehrfamilienhauses in München. Die GbR verfolgt den Zweck, das Gebäude zum einen zu sanieren und zum anderen zu vermieten. Die Beklagte ist Mieterin einer Wohnung in diesem Gebäude. 2014 kündigte die Klägerin die Wohnung mit der Begründung, die Tochter eines Gesellschafters benötige die Wohnung für ihre Familie. Eine im Haus leer stehende andere Wohnung wurde der Beklagten nicht als Ersatzwohnung angeboten. Die Beklagte hat der Kündigung widersprochen.


Die Räumungsklage war vor dem Amts- und Landgericht erfolglos.


Zu Unrecht, urteilte der BGH.


Der Anspruch für die GbR ergibt sich aus § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB analog.


Mit der Änderung der Rechtsprechung des BGH hinsichtlich der Rechtsfähigkeit der (Außen)GbR ist es möglich, dass die GbR den Eigenbedarf der Gesellschafter geltend machen kann.


Nach Einräumung der Teilrechtsfähigkeit der GbR können die gesamthänderisch verbundenen Gesellschafter, die mangels eigener Rechtsfähigkeit die Vermieterstellung einnahmen, den jeweiligen Eigenbedarf geltend machen. Dabei muss der Eigenbedarf nicht bei allen Gesellschaftern vorliegen. Ausreichend ist es, wenn der Eigenbedarf bei einem Gesellschafter oder seinen Angehörigen gegeben ist.


(Quelle: Urteil des BGH vom 14.12.2016, Az: VIII ZR 232/15)


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Wohnungsbeschädigung bei Polizeieinsatz


Folgenden Fall (vereinfacht) hatte der BGH zu entscheiden:


Die Klägerin macht gegen den Beklagten Schadensersatz wegen der Beschädigung der Wohnungseingangstür geltend. Gegen den Beklagten lag unter anderem ein Durchsuchungsbeschluss wegen des Verdachts des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln vor. Im Rahmen der Durchsetzung des Durchsuchungsbeschlusses wurde eine nicht geringe Menge Marihuana in der Wohnung des Beklagten gefunden. Beim Vollzug des Durchsuchungsbeschlusses wurde die Wohnungseingangstür von der Polizei beschädigt. Wegen des Besitzes einer nicht geringen Menge Marihuana wurde der Beklagte vom Strafgericht verurteilt.


Die Klage blieb sowohl beim AG als auch beim LG unbegründet.


Zu Recht, urteilte der BGH.


Der Beklagte hatte durch die Aufbewahrung des Marihuanas  in seiner Wohnung gegen seine Obhutspflichten aus dem Mietvertrag verstoßen. Allerdings war diese Straftat nicht Anlass der Durchsuchung. Diese erfolgte wegen des Verdachts des Handeltreibens. Das Aufbewahren des Marihuanas in der Wohnung war nicht kausal für den eingetretenen Schaden. Denn die Polizei hatte im Zeitpunkt des Aufbrechens der Wohnungstür keine Kenntnis davon, dass der Beklagte eine nicht geringe Menge Marihuana in der Wohnung lagerte.


(Quelle: BGH, Urteil vom 14.12.2016, Az: VIII ZR 49/16)


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Schönheitsreparatur bei Vertrag zwischen Mieter und Vormieter


Folgenden Fall (verkürzt) hatte der BGH zu entscheiden


Die Klägerin (Vermieterin) verlangt vom Beklagten (Mieter) die Kosten für die Durchführung der Schönheitsreparatur, die der Beklagte bei Auszug aus der Wohnung nicht durchführte.
Der Beklagte übernahm bei Bezug der Wohnung einige Gegenstände vom Vormieter gegen Zahlung eines Geldbetrages an diesen. Weiterhin erklärte sich der Beklagte gegenüber der Vormieterin bereit, für diese die erforderlichen Schönheitsreparaturen auszuführen. Dem Beklagten wurde die nicht renovierte Wohnung von der Klägerin übergeben. Auf dem Übergabeprotokoll notierte die Klägerin:“ … Renovierungsarbeiten und Tebo werden übernommen. Auf Folgekosten wurde hingewiesen.“ Der Beklagte kündigte die Wohnung zu Ende Februar 2014. Die von ihm durchgeführte Schönheitsreparatur war nicht fachgerecht durchgeführt. Auch Nachbesserungsarbeiten durch den Beklagten brachten nicht den Erfolg. Der Beklagte übergab daraufhin die Wohnung an die Klägerin. Diese ließ die Wohnung von einer Firma für 799,89 EUR malern. Diese Kosten verlangt die Klägerin vom Beklagten.


Zu Unrecht, urteilte nun der BGH.


Grundsätzlich ist die Abwälzung der Pflicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen unwirksam, wenn der Vermieter eine unrenovierte Wohnung an den Mieter übergibt und dem Mieter dafür keinen entsprechenden Ausgleich gewährt (so auch BGH, Urteil 18. März 2015 - VIII ZR 185/14). Dem Vermieter kam hier auch nicht zu Gute, dass der Beklagte mit dem Vormieter eine Vereinbarung über die Vornahme der Schönheitsreparaturen abgeschlossen hatte. Denn an dieser Vereinbarung war der Vermieter vertraglich nicht beteiligt. Der Vermieter hätte hier entweder vom Vormieter die Durchführung der Schönheitsreparaturen verlangen können oder dem Beklagten einen Ausgleich für die unrenovierte Wohnung zukommen lassen müssen. Beides hat er nicht gemacht. Insoweit war er auch nicht schutzwürdig.


(Quelle: Urteil des BGH vom 22.08.2018, Az.: VIII ZR 277/16)

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